Lignum Holzwirtschaft Schweiz

An der ETH Zürich geht man für Holz durchs Feuer

Mit einem neuen Brandsimulator testen ETH-​Forschende auf dem Hönggerberg Holzbauteile für den Bau von Gebäuden jeder Grösse. Der ausgefeilte Ofen erlaubt die Simulation realistischer Brandverläufe. Die Brandversuche legen die wissenschaftliche Basis für immer grössere Bauten und neuartige Konstruktionen mit Holz.

Wie sich Holzstrukturen in verschiedenen Brandszenarien verhalten, soll die jüngste Anschaffung des Instituts für Baustatik und Konstruktion der ETH Zürich zeigen: der Brandsimulator in der Heizzentrale des ETH-Campus Hönggerberg (unten). Der ETH-Maschinenbauingenieur Martin Viertel (oben) hat den Ofen im Griff.
Bilder Michael Meuter, Zürich (oben) | Michael Steiner, ETH Zürich (unten)

 

Der heutige hohe Freiheitsgrad der baulichen Anwendung von Holz verdankt sich drei Jahrzehnten Forschung und Entwicklung im Bereich Brandsicherheit und Holz in Kooperation von Holzbranche, Hochschulen, Behörden und Bund. Ein zentrales Element für das heutige detaillierte Wissen über das Brandverhalten von Holz sind wissenschaftlich kontrollierte Brandversuche. Sie beweisen: Holzbauten sind sicher.

Nicht einfach, dass Holz brennen kann, ist massgebend. Das Tragverhalten unter Brand zählt. Holz brennt langsam und berechenbar ab. Das kommt daher, dass selbst trockenes Holz noch Wasser enthält, das zuerst verdampfen muss. Solange bleibt die Temperatur im Holz im Bereich von 100 °C. Bei rund 270 °C beginnt die Verbrennung. Die Abbrandgeschwindigkeit beträgt etwa 1 mm pro Minute.

Auch wenn es in einem 1000 °C heissen Feuer brennt, bleibt Holz schon einen Zentimeter unter der verkohlten Oberfläche unbeschädigt und der Restquerschnitt tragfähig. Stahl verliert hingegen schon ab 450 °C seine Tragfähigkeit, und die Druckfestigkeit von Beton reduziert sich bei 650 °C um zwei Drittel.


Stück um Stück mehr Möglichkeiten für Holz

Bis 2005 waren hierzulande maximal zweistöckige Gebäude mit einer Tragstruktur aus Holz erlaubt. Ab 2005 erweiterte sich die Grenze auf sechs Stockwerke. Seit 2015 gibt es von den Brandschutzvorschriften her faktisch keine Obergrenze mehr. Holz kann jetzt in allen Gebäudekategorien und Nutzungen angewendet werden.

Grundlage für die sukzessive Öffnung der Holzanwendung ist das seit 2001 laufende Forschungs- und Entwicklungsprojekt ‹Brandsicherheit und Holz› der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft. Es steht unter der Gesamtleitung der Lignum und wird massgeblich vom Aktionsplan Holz des Bundesamtes für Umwelt BAFU sowie durch wichtige Institutionen, Verbände und Industriepartner unterstützt.


Massgeschneiderte Konstruktion

Um die Einsatzmöglichkeiten des modernen Holzbaus zu erweitern, will ETH-Holzbauprofessor Andrea Frangi mit seinem Team das Abbrandverhalten von Holzbauteilen und Verbindungen unter realistischen Bedingungen weiter erforschen. Er hat die Beschaffung des Brandsimulators an der ETH initiiert und dessen Spezifikationen mitbestimmt.

Der speziell für Brandsimulationen entwickelte neue Ofen an der ETH ist massgeschneidert. Er kostete inklusive Umbaumassnahmen rund CHF 2,5 Mio. Untergebracht ist er in der Heizzentrale des ETH-Campus Hönggerberg. Es handelt sich um einen mit Stahlträgern verstärkten Metallkubus mit einer Brennkammer, die 1 m hoch, 1 m breit und knapp 1,7 m lang ist.


Brandverläufe präzise simulieren

‹Wir können die Temperatur im Ofen und ebenso den Sauerstoffgehalt genau einstellen›, erklärt Frangi. ‹Ausserdem können die Holzbauteile während der Tests mit bis zu 50 Tonnen belastet werden.› Befeuert wird die Kammer von zehn Gasbrennern, die je zur Hälfte auf den beiden Längsseiten angebracht sind. Sie können den Ofen auf über 1400 Grad aufheizen.

Mit mehreren Kameras ausserhalb der Brennkammer werden die Tests aufgezeichnet, und auch die Zusammensetzung der Brandgase lässt sich detailliert analysieren. ‹Der Ofen erlaubt es uns, verschiedene Brandverläufe zu simulieren und deren Auswirkung auf die Holzstrukturen zu testen›, erklärt Frangi.


Mehr Holz zugunsten von netto null

Zugute kommt die Forschungsarbeit an der ETH der weiteren guten Entwicklung des Holzbaus in der Schweiz. Bei mittelhohen Bauten hat sich Holz als Baumaterial längst etabliert. Derzeit machen verschiedene Holz-Hochhausprojekte von sich reden (siehe gesonderten Beitrag von heute Mittwoch im Lignum Journal online); zwei Holz-Hybridhochhäuser sind in Rotkreuz im Kanton Zug bereits gebaute Realität.

Die neuartigen Konstruktionen sind nicht zuletzt dank der genauen Kenntnis des Brandverhaltens von Holz möglich geworden. Dass so Holz beim Bauen vermehrt zum Zug kommt, ist ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. ‹Der Bausektor verursacht einen grossen Teil der klimaschädlichen Emissionen. Mit unserer Forschung können wir dazu beitragen, dass die nachwachsende und CO2-​speichernde Ressource Holz vermehrt als Baumaterial verwendet wird›, ist Frangi überzeugt.


Links https://ibk.ethz.ch | Video der ETHZ