Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Bauen mit eigenem Holz – Herausforderungen und Mehrwert

Wer mit eigenem Holz baut, erhält ein Gebäude mit Mehrwert. Der emotionale Bezug zum ‹eigenen Rohstoff›, die Minimierung grauer Energie durch kurze Transportwege und die lokale Wertschöpfung durch die Verarbeitung in der Region sind wichtige Faktoren für private und öffentliche Bauherrschaften.

Die Toggenburger Gemeinde Nesslau hat 2015 ein schmuckes neues Gemeindehaus bezogen. Das Besondere daran: Gebaut wurde überwiegend mit einheimischem Holz. Ein beachtlicher Teil des verbauten Holzes kam sogar aus dem eigenen Wald – hierfür wurden vom Forstteam etwa 470 fm Fichten- und Tannenrundholz bereitgestellt. Die Architektur folgt einem Entwurf von atelier-f ag, Architekten ETH SIA FH, Fläsch; als Holzbauingenieur wirkte Walter Bieler AG, Bonaduz.
Bild Erwin Rebmann, St. Gallen

 

Immer mehr Bauherren wollen Holz aus dem eigenen Wald für ihr Bauvorhaben verwenden. Hierbei gibt es allerdings einige Herausforderungen zu beachten. Eine frühzeitige und sorgfältige Planung ist zentral, ebenso eine gute Kommunikation zwischen allen Baubeteiligten – und zwar über die ‹normalen› Schnittstellen hinaus. So können die Aufwände und Risiken für alle involvierten Parteien begrenzt werden, und der Mehrwert – ökologisch, emotional und wirtschaftlich – kann zum Tragen kommen.

Wer ein Gebäude mit eigenem Holz erstellen möchte, sollte dies schon bei der Projektausschreibung beachten. Die verschiedenen Verfahren für die Ausschreibung bedingen unterschiedliche Vorgehensweisen – abhängig von der Bausumme und der Bauherrschaft (privat/gewerblich oder öffentlich). Private und gewerbliche Bauherren sind bei der Ausschreibung relativ frei. Bei der öffentlichen Beschaffung können bis zu einem bestimmten Schwellenwert Aufträge ‹freihändig› oder im Einladungsverfahren vergeben werden. Die Forderung nach einem Holzbau ist immer möglich.

Bei höheren Auftragswerten (Bund: ab CHF 2 Mio., Kantone: ab CHF 500000.–, Stand 2021) erfolgt eine öffentliche Ausschreibung. Der Einsatz von eigenem Holz ist aber grundsätzlich auch hier möglich. Detaillierte Informationen zum Thema sind im Lignum Compact ‹Ausschreiben mit Schweizer Holz› zu finden (siehe Link am Ende dieses Textes).


Bereitstellung von eigenem Holz

Bei der Bereitstellung von Rund- und Bauholz wird in der Ausschreibung vorgegeben, dass der Unternehmer das vom Auftraggeber bereitgestellte Holz verwenden muss. Der Auftraggeber kann ‹Holz aus dem eigenen Wald› oder ‹Holz aus interner Beschaffung› als Eigenleistung einbringen. Sofern der Auftraggeber das Holz zur Verfügung stellt, entfallen die Auflagen der Ausschreibung für die Materialbeschaffung in dieser Position. ‹Holz aus der Region› kann im Rahmen der Bagatellklausel beschafft und eingebracht werden.

Der Holzbedarf sollte über alle Verarbeitungsstufen hinweg sorgfältig geplant werden, damit alle Beteiligten der Wertschöpfungskette ihren Bedarf korrekt anmelden können. Unternehmer der ersten Verarbeitungsstufe (Sägerei/Hobelwerk/Leimwerk) geben neben ihrem Angebot für die Verarbeitung des bereitgestellten Rundholzes auch die Rundholzpreise nach Sortiment und Klasse an. Damit bleibt die Abnahme des eigenen Rundholzes in jedem Fall geregelt.

Unternehmer der zweiten Verarbeitungsstufe (Zimmerei/Schreinerei/Bauunternehmer) geben neben ihrem Angebot für die Verarbeitung des bereitgestellten Holzes der ersten Verarbeitungsstufe auch Preise für die eingesetzten Schnitt- und Bauholzprodukte, beispielsweise mit dem ‹Label Schweizer Holz›, an. Sie müssen in ihrer Offerte aufführen, wie viele Schnitt- und Bauholzprodukte in welchen Abmessungen und Qualitäten benötigt werden. Damit ist die Erstellung der vorgesehenen Bauteile mit der gewünschten Holzqualität in jedem Fall geregelt.


Vorlaufzeiten beachten

Einschlag des Holzes, Transport, Einschnitt im Sägewerk, Trocknung und allenfalls Weiterverarbeitung (Hobeln, Leimen) erfordern eine gewisse Vorlaufzeit. Die Unternehmer müssen angeben, wann das bereitgestellte Rund- oder Bauholz benötigt wird. In der Ausschreibung muss der Auftraggeber die gewünschte Abwicklung beschreiben. Darin muss ersichtlich sein, welches Rundholzsortiment oder welche Bauholzprodukte bereitgestellt werden können. Dabei müssen auch schon Szenarien ausgearbeitet werden für den Fall, dass das Holz quantitativ, qualitativ oder zeitlich nicht passend dem jeweiligen Unternehmer bereitgestellt werden kann.

Nach der Beschaffung und Bereitstellung des eigenen Holzes folgt die Bearbeitung, oftmals in mehreren Stufen, wobei sichergestellt werden muss, dass nur das eigene Holz verarbeitet wird. In der Praxis ist dies eine der meistgenannten Herausforderungen beim Einsatz von eigenem Holz. Weltweit laufen verschiedene Forschungsprojekte für technische Lösungen, um die genaue Identifikation eines Holzstückes während des gesamten Verarbeitungsprozesses einfacher zu machen. Bisher geschieht dies normalerweise durch die physische Trennung des verarbeiteten Holzes von anderen Chargen und/oder eine genaue Kennzeichnung der einzelnen Holzstücke.


Links  Lignum Compact (März 2021) ‹Ausschreiben mit Schweizer Holz› (PDF, 1.32 MB) | Lignum-Broschüre ‹Bauen mit Holz von hier – Label Schweizer Holz› (PDF, 2.26 MB) | www.holz-bois-legno.ch