Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Baumeister: ‹Die Schweiz rast in eine Wohnungsnot›

Seit 2020 braut sich in der Schweiz eine Wohnungsknappheit zusammen, und die Mieten steigen stetig. Spürbar ist das in erster Linie noch immer in den grossen städtischen Zentren, zunehmend überdies in Tourismusgemeinden in den Bergen. Doch die Misere könnte bald flächendeckend sein. Wann werden endlich wieder mehr Wohnungen gebaut? Die Baumeister klopfen an ihrer Jahresmedienkonferenz auf den Tisch.

Der Holzbau hält ein bewährtes Mittel zur raschen Schaffung von neuem Wohnraum im Bestand bereit, ohne bestehenden Wohnraum zu vernichten: Aufstocken. Im Bild ein zweigeschossiger Aufbau an der Avenue Wendt in Genf, 2023 (Bauherrschaft: Anlagestiftung Pensimo, Zürich; Architektur: Lacroix Chessex Architectes, Genf).
Bild Corinne Cuendet, Clarens

 

Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz erreichte Ende letzten Jahres mit 9048900 Einwohnerinnen und Einwohnern einen neuen Höchststand. Der Wohnungsbau in der Schweiz kann derweil mit der hohen Nachfrage nicht Schritt halten. Trotz eines nominellen Bauvolumens von rund CHF 7,5 Mia. pro Jahr sind preisbereinigt deutlich weniger Wohnungen gebaut worden als benötigt. Das zeigt die aktuelle Erhebung zur Baukonjunktur des Schweizerischen Baumeisterverbands SBV.

Der Bauindex prognostiziert für das erste Quartal 2025 einen weiteren Umsatzrückgang um 4% in dieser Sparte gegenüber dem Vorjahresquartal. Anschliessend werde sich aber allmählich bemerkbar machen, dass die Leitzinsen zuletzt gesunken und die Wohnbaugesuche gestiegen seien, so die Baumeister. Die Bautätigkeit dürfte nach ihrer Vermutung in der zweiten Jahreshälfte 2025 leicht zunehmen.

Dennoch: 2025 werden voraussichtlich nur 42000 neue Wohnungen erstellt – viel zu wenige angesichts des jährlichen Bedarfs von rund 50000 zusätzlichen Einheiten, den das Bundesamt für Wohnungswesen ermittelt hat. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass die Leerstandsquote weiter sinkt und möglicherweise bald unter die psychologisch wichtige Marke von 1,0% im Landesdurchschnitt fällt. Das könnte in der gesamten Schweiz zu einer ähnlichen Zuspitzung der Lage führen, wie sie in den grossen Städten und zunehmend auch in den Tourismus-Hotspots besteht.


Rezepte für den Aufschwung

Was braucht es, damit der Wohnbau wieder in Fahrt kommt? Der Baumeisterverband wiederholte an seiner Jahresmedienkonferenz Anfang April bekannte Forderungen.  Vor allem gelte es die Planungs- und Baubewilligungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Ein wichtiger Hebel dafür liege in der konsequenten Digitalisierung. Darüber hinaus setzen sich die Baumeister für die Einführung eines zweistufigen Baubewilligungsverfahrens ein, bei dem zum einen Nutzung und Architektur und zum andern die technischen Aspekte sowie Normen im Fokus stehen.

Zum zweiten müssten Einsprachen künftig wieder auf schützenswerte eigene Interessen beschränkt werden. Dazu gehört aus Sicht der Baumeister auch eine massvolle Anwendung des ISOS-Bundesinventars. Dieses verhindere wegen der sogenannten ‹Direktanwendung› zunehmend Bauprojekte – selbst dann, wenn die Bundesaufgaben das Ortsbild gar nicht tangierten, monierte SBV-Zentralpräsident Gian-Luca Lardi vor den Medien. Leider werde dieser Umstand auch immer öfter zum Einfallstor für Einsprachen.

Ein dritter zentraler Punkt sind aus Sicht der Baumeister die raumplanerischen Grundlagen. Mit höheren Ausnützungsziffern und reduzierten Grenzabständen lasse sich mehr Wohnraum schaffen, so Lardi: ‹Wenn eine sinnvolle Innenverdichtung umgesetzt und mehr Wohnraum in bereits bebauten Gebieten geschaffen werden soll, um Grünflächen zu schonen, dann muss mehr in die Höhe gebaut werden können.› Ebenso müssten die Ausnützungsziffern der einzelnen Parzellen oder auch ganzer Gebiete angepasst werden.


Link baumeister.swiss