Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Chemische Prozesse für neue Materialien aus Holz

Neue holzbasierte Materialien könnten dereinst die global noch stark erdölbasierte Materialwirtschaft auf eine neue Grundlage stellen. Eine Tagung in Wädenswil zeigte Ende Juni innovative Ansätze auf.

 

Holz – ein altbekanntes Material ganz neu denken


Zellulose-Nanofaser-Netzwerk mit verteilten Tonpartikeln (z.B. als Barriereschicht in Verbundverpackungen einsetzbar, in einigen Anwendungen anstelle von Aluminium).


Bild Empa, Abt. Angewandte Holzforschung

 


Holz als Baustein für chemische Produkte und zur Produktion neuartiger Verbundstoffe war Ende Juni das Thema des 6. Chemietags der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Die Tagung wurde vom Swiss Wood Innovation Network S-WIN und vom Nationalen Forschungsprogramm NFP 66 ‹Ressource Holz› mitorganisiert.

 

Rund 3,6 Mia. m3 Holz beträgt die weltweite jährliche Ernte von Holz. Selbst im Vergleich mit Zement, Stahl, Kunststoffen und Aluminium ist Holz sowohl bezüglich Menge als auch Gewicht ein bedeutender Massenrohstoff. Vor allem interessiert Holz als Bau- und Werkstoff sowie als Rohstoff für die Papierproduktion. Doch ist zunehmend seine chemische Zusammensetzung für weitere Anwendungen von Interesse. Denn Holz enthält die Gerüstsubstanzen Zellulose und Hemizellulose, Holzzucker sowie die Kittsubstanz Lignin. Diese lassen sich mechanisch und/oder chemisch aufschliessen und anschliessend weiterverarbeiten.

 

Kunststoff Holz

 

Der Fachanlass zeigte eine breite Palette unterschiedlicher Ansätze auf der Suche nach neuen Anwendungen von Holz. So etwa lässt sich mit Kenntnissen aus der Ligninbiochemie kontrollierter Holzabbau gezielt einsetzen. Mit Zellulose-Nanofasern lassen sich polymere Nanoverbundwerkstoffe erzielen. Dabei werden Zellulosefasern aus Holz und anderen Pflanzenmaterialien in ihre fibrillären oder kristallinen Strukturen zerlegt und die hervorragenden mechanischen Eigenschaften unter anderem zur Verstärkung von Kunststoffen beigezogen.

 

Jährlich fallen 170000 Tonnen Rinden aus Schweizer Sägewerken an. Aus solchen Rinden heimischer Nadelhölzer lassen sich Tannine extrahieren, die künftig als formaldehydfreie Klebstoffe für die Holzwerkstoffproduktion (Spanplatten oder MDF) dienen könnten. Wasserfestes, dimensionsstabiles Furnierschichtholz aus Buche basiert auf gezielt modifiziertem Rohmaterial. Mit Phenol-Formaldehyd behandeltes Buchenholz führt zu biegefesten Platten, die hohe Festigkeitswerte aufweisen und zudem pilzresistent sind. Anwendungsbereiche sind Fassaden, Terrassendielen, Wasser- und Gartenbau.

 

Im Bereich der bio-inspirierten Materialien aus Holz werden Holzstrukturen modifiziert und so neue Eigenschaften quasi gezüchtet. Holz wird so zum Beispiel dimensionsstabiler, wasserabweisend, magnetisch, UV-beständiger, dauerhafter und weniger gut brennbar gemacht. Mit neuen Materialkombinationen erschliessen sich dem Holz dadurch neue Anwendungsbereiche. Die bei Laien kaum bekannten Holzanwendungen finden sich im Automobilbau. Holz ist dort ein zunehmend verwendeter Grundstoff für Funktions- und Zierelemente, dies oft in verdeckter Form, manchmal auch sichtbar. Zur Anwendung kommen Dünnschichtfurniere mit im Spritzgussverfahren appliziertem Polyurethan als Kaschierung. Entwickelt werden dafür einfach zu reinigende, haltbare Bauteile, die strengen gesetzlich geregelten Standards unterliegen – sozusagen Kunststoff aus Holz.

 

Innovations-Suchfelder für holzbasierte Materialien

 

Im Zusammenhang mit diesen Forschungstätigkeiten stellt sich auch die Frage nach den Innovations-Suchfeldern für holzbasierte Materialien. Holz ist in grossen Mengen verfügbar, weist zahlreiche interessante Eigenschaften auf und ist so in vielen Bereichen einsetzbar. Für bestehende Produkte und Technologien können neue Märkte erschlossen werden, die höhere Wertschöpfung versprechen. Aber auch der Weg, bestehende Produkte effizienter und günstiger zu produzieren oder neue Produkte zu entwickeln, kann zur vermehrten Verwendung dieses Biomaterials führen.

 

Es gibt Beispiele dafür, so etwa die nicht-zerspanende Herstellung von Röhren aus Holz ähnlich der bekannten Druckumformung von Metallen. Auch sind schnellhärtende Systeme zur seriellen Verklebung von Holzkonstruktionen in Entwicklung, die zu zeitsparenden und doch zuverlässigen Produktionsmethoden führen. Gezielter Wissensaustausch über Netzwerke wie etwa S-WIN spielt hier eine zentrale Rolle.

 

Biomasse wird die einzige Alternative zum irgendwann ausgeschöpften Erdöl sein. Dies sagte Willi Schwotzer, Co-Präsident von S-WIN. Grundsätzlich könne die gesamte chemische Produktion entsprechend umgestellt werden. Allerdings werde dies zeit- und kostenintensiv ausfallen und schon gar nicht von heute auf morgen erreichbar sein.

 

Links www.s-win.ch | www.nfp66.ch