Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Die neuen Schweizer Gebäude- und Arealstandards sind da

Nach zwei Jahren Verhandlungen und einem Jahr inhaltlicher Arbeiten stehen sie jetzt zur Verfügung: die erneuerten und harmonisierten Schweizer Gebäude- und Arealstandards. Die am 1. Juni grob angekündigten Neuerungen wurden am 13. September in Bern im Detail vorgestellt.

Full House in Bern: Rund 400 Planer, Architektinnen und Bauherrschaften liessen sich Mitte Monat die Neuerungen im Zentrum Paul Klee erläutern.
Bild Minergie

 

Die von Bund und Kantonen getragenen Schweizer Gebäudelabels sind nun sauber aufeinander abgestimmt. Die Konferenz der Kantonalen Energiedirektoren EnDK definiert im Rahmen der GEAK-Normierung die Methodik für die Bilanzierung von Energie, CO2 und Treibhausgasen für den Betrieb von Gebäuden. Diese wird anschliessend von Minergie und SNBS in allen Produkten übernommen.

Mit dem SNBS-Hochbau werden Gebäude in allen Dimensionen der Nachhaltigkeit – Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt – geprüft und zertifiziert. Mit der aktuellen Anpassung wird die Anzahl Kriterien und Messgrössen um rund ein Viertel auf 35 Kriterien resp. 98 Messgrössen reduziert. Verschärft und ergänzt werden hingegen die Anforderungen für klimaangepasstes und CO2-armes Bauen. So wird etwa die Wiederverwendung von Bauteilen geregelt oder der Einbezug rückzubauender Gebäudeteile in die Bewertung der Treibhausgasemissionen von Neubauten integriert.


Neuerungen bei den Minergie-Standards

Die Gebäudestandards von Minergie fokussieren auf Komfort, Effizienz und Klimaschutz. Bei der Anpassung der Minergie-Standards stechen drei Massnahmen heraus. Zum ersten gelten nun für alle Neubauten im Minergie-Standard Grenzwerte für die durch die Erstellung verursachten Treibhausgasemissionen. Die Grenzwerte sind so definiert, dass zu ihrer Einhaltung in jedem Fall Optimierungen vorgenommen werden müssen, aber weiterhin an allen Standorten und Lagen gebaut werden kann. In den nächsten Jahren werden die Grenzwerte sukzessive verschärft.

Zum zweiten findet der Hitzeschutz stärkere Beachtung. Bisher wurde anhand von Erfahrungswerten vergangener Jahrzehnte modelliert, wie oft das Innenraumklima den minimalen Gesundheits- und Komfortanforderungen nicht mehr genügen kann. Neu muss der Nachweis für den sommerlichen Wärmeschutz bei Minergie anhand von Klimadaten erbracht werden, welche MeteoSchweiz für die nächsten Jahrzehnte errechnet hat. Wie bisher darf ein Minergie-Wohnbau dabei bei Standardnutzung nicht mehr als 100 Stunden pro Jahr Temperaturen von über 26,5°C aufweisen.

Zum dritten ändern sich die Regeln für die Fotovoltaik. Neu wird durch eine objektspezifische Verschärfung der Minergie-Kennzahl sichergestellt, dass die belegbare Dachfläche bei allen Minergie-Gebäuden voll für die Eigenstromproduktion genutzt wird. Darunter wird verstanden, dass Dachaufbauten für Gebäudetechnik, Fenster, Lifte oder Terrassen weiterhin möglich sind, aber die verbleibende Fläche voll mit Modulen belegt wird. Bei Sanierungen sind die Möglichkeiten einer vollständigen Nutzung der Dachfläche eingeschränkter als im Neubau, was im Grenzwert berücksichtigt ist.


Gewinn und Verlust bei den Arealen

Neu können die Qualitäten von SNBS-Hochbau auch auf Ebene Areal zertifiziert werden. Es wurden 22 Schlüsselkriterien vom SNBS-Hochbau auf das Areal übertragen und acht neue Kriterien entwickelt. Es handelt sich dabei um Aspekte, deren Thematisierung sich bei Einzelgebäuden oft nicht lohnt, aber in Arealen entscheidend zu deren Nachhaltigkeit beiträgt.

Minergie-Areale orientieren sich an denselben Zielen wie die Minergie-Baustandards, umfassen aber auch arealspezifische Anforderungen. Die einzelnen Gebäude sind mehrheitlich nach Minergie zu zertifizieren und erfüllen so neben höchsten Anforderungen an Energie und Treibhausgasemissionen überdurchschnittliche Vorgaben bezüglich Hitzeschutz und Raumluftqualität. Neu bei Minergie sind die Vorgaben ans Arealmanagement, die klimaangepasste Gestaltung des Aussenraums und Anreize zu einer klimafreundlichen Mobilität.

Mit der Einführung des SNBS-Areals und des Minergie-Areals wird das bisher durch das Bundesamt für Energie geführte 2000-Watt-Areal abgelöst. Bestehende Areale ‹in Entwicklung› oder ‹in Transformation› finden in einem der neuen Areal-Labels eine gleichwertige Anschlusslösung. Für den Übergang ist gegenüber der Neuzertifizierung ein erleichtertes Verfahren vorgesehen.


Links www.gebaeudelabels.ch | www.geak.ch | www.minergie.ch | www.snbs-hochbau.ch | www.label-plattform.ch