Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Expo.02 – Blick in den Spiegel

Nun planen sie wieder, diesmal für 2027. Die Ostschweizer Kantone rüsten sich gedanklich bereits dafür, den Rest des Landes, zudem aber erstmals auch die umliegenden Regionen jenseits der Grenze zu empfangen. Derweil halten Beteiligte der letzten Auflage zehn Jahre nach Torschluss in den Medien Rückschau und ziehen noch einmal Bilanz.

 

 

Sommer 2002 in Neuenburg

 

Palais de l’Equilibre der Expo.02 auf der Arteplage Neuchâtel. Die riesige Holzkugel wurde nach Ende der Landesausstellung auf das Gelände des CERN in Genf versetzt und dient dort seither als Besucherzentrum.

 

Bild Hannes Henz, Zürich

 


Die Rede ist von der Landesausstellung, jener gern geschmähten, aber doch offenbar auch heute keineswegs toten Tradition, die jede Generation seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zur Identitätsfindung genutzt hat, bis hin zur Expo.02, zu der sich derzeit die Retrospektiven häufen.

 

Was ist von der Expo.02 geblieben? Erinnerungen an heisse Köpfe und viel Zank im Vorfeld, vor allem aber – und das ist wohl viel wichtiger – bleibende Bilder dessen, was den Besucherinnen und Besuchern am Ende im Seeland begegnete. Die Expo.02 hat dort für zehn Millionen Menschen einen Sommer lang unvergessliche Erlebnisse und unglaubliche bauliche Ikonen geschaffen – den Würfel im Murtensee, die Wolke in Yverdon, die Holzkugel in Neuenburg, die allein fast zwei Millionen Besucher anzog. In der eindrücklichen Konstruktion des Palais de l’Equilibre hat der Bund mit Unterstützung der Holzwirtschaft erlebbar gemacht, was nachhaltige Entwicklung bedeutet.

 

Doch was ist ausser Bildern noch da? Baulich fast nichts. Gemäss dem Credo der Macher wurde mit wenigen Ausnahmen alles wieder entfernt, was die Landschaft verändert hat. Geblieben ist immerhin das Palais de l’Equilibre: Es ist als ‹Globe of Science and Innovation› zum Wahrzeichen des CERN in Genf geworden und hat so, wenn auch weit entfernt vom ursprünglichen Standort, ein zweites Leben erhalten. Stehengeblieben ist im übrigen auch die elegante Holzbrücke über den Broye-Kanal, die zur Expo.02 wie das Palais mit tatkräftiger Mithilfe der Schweizer Holzwirtschaft entstand.

 

Ist die Schweiz nach der Expo.02 eine andere geworden? Sind wir, sind die zwei Millionen Besucherinnen und Besucher des Palais de l’Equilibre zum Beispiel in ihrem Ressourcenverbrauch nachhaltiger geworden, nachdem sie die Arteplage Neuenburg verlassen haben? Konsultiert man den Bericht 2012 über die Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz, so kommen einem Zweifel. Die Vorräte an nichterneuerbaren Ressourcen müssten erhalten werden, damit künftige Generationen die Möglichkeit haben, ihre Bedürfnisse zu decken. Die beobachtete Zunahme des Materialverbrauchs geht allerdings nicht in diese Richtung: Der totale Materialaufwand ist seit 1992 – seit dem berühmten Erdgipfel von Rio – um mehr als 20% angestiegen.

 

Machen Landesausstellungen Sinn? Sollen sie etwas bewirken, oder genügen sie sich in der Funktion als vorübergehend aufgestellte Spiegel des Landes selbst? Schwierige Fragen, selbst zur Sommerzeit. Der Blick über Google Maps auf den ehemaligen Standort des Palais de l’Equilibre am Neuenburger Seeufer hilft wenig, um einer befriedigenden Antwort hinsichtlich der Expo.02 näher zu kommen: Eng gedrängt schmoren Kühlerhauben unter der Sonne – ein grosser Teil der schönen Seepromenade, die vor zehn Jahren die Bühne eines glanzvollen Auftritts war, wird schlicht als Parkplatz genutzt. Nachhaltigkeit sieht anders aus.

 

Christoph Starck
Direktor Lignum, Holzwirtschaft Schweiz