Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Gelungener Abend der Parlamentarischen Gruppe Wald und Holz

Gestern abend war es wieder einmal soweit: Bundesbern vibrierte in der ‹Nacht der langen Messer› vor Spannung. Doch nicht alle liessen sich von der Aufregung um die heutige Bundesratswahl anstecken: Die Parlamentarische Gruppe Wald und Holz versammelte eine ansehnliche Schar von National- und Ständerätinnen und -räten zu einem gelungenen Anlass, der ihnen aufzeigte, was das Material Holz heute und morgen zu bieten hat. ‹Mit Holz hoch hinaus – Renaissance eines Werkstoffs› lautete der Titel des spannenden Referats von ETH-Professor Andrea Frangi in Bern.

Die Ständeräte Jakob Stark (TG, links, Präsident Lignum, Holzwirtschaft Schweiz) und Daniel Fässler (AI, rechts, Präsident WaldSchweiz) teilen sich das Präsidium der Parlamentarischen Gruppe Wald und Holz. Sie liessen es sich gestern abend nicht nehmen, zusammen mit Ratskolleginnen und -kollegen aus beiden Kammern den Ausführungen von Prof. Andrea Frangi (Institut für Baustatik und Konstruktion an der ETH Zürich, Mitte) zu folgen. Frangis ausgezeichnetes Referat fand grossen Anklang. Mit vor Ort waren auch Gäste aus Verbänden und Verwaltung, unter anderen Katrin Schneeberger, Direktorin des Bundesamts für Umwelt BAFU, Paul Steffen, stv. Direktor BAFU, sowie Guido Biaggio, Vizedirektor ASTRA.
Bild Barbara Nussbaumer, Lignum

 

Der Wald ist die grösste Fabrik der Schweiz. Sie produziert mit Wasser, Nährsalzen aus dem Boden und Sonnenenergie jedes Jahr etwa zehn Millionen Kubikmeter Holz und sorgt so dafür, dass der Luft im gleichen Zeitraum etwa zehn Millionen Tonnen Kohlendioxid entzogen werden. Bäume bauen mit dem Kohlenstoff daraus Holz auf; uns geben sie den Sauerstoff zurück, den wir zum Atmen brauchen. Mit diesen eindrücklichen Zahlen startete Andrea Frangi seinen Vortrag.

Wald und Holz sind mit ihrer Klimaleistung wichtige Verbündete im Kampf gegen die fortschreitende Erderwärmung. Dies vor allem im Bauwesen: Gebäude und die Bauwirtschaft sind mit etwa 40% der Treibhausgasemissionen ein Haupttreiber des ökologischen Fussabdrucks. Der CO2-Speicher Holz bietet sich an, um ihn deutlich zu verkleinern. Im Schweizer Wald wird im langjährigen Mittel nur etwa die Hälfte dessen geerntet, was im Jahr neu heranwächst. Es bleibt uns also genug Holz auch für eine vermehrte Anwendung dieses Materials.

Am besten geschieht dies über mehrere Schritte hinweg zuerst in Form von langlebigen Holzprodukten und erst ganz am Schluss energetisch. Im Vordergrund stehen dabei Bau und Ausbau: Wenn wir mehr mit Holz bauen, können wir den Einsatz von energie- und treibhausgasintensiven Materialien wie Stahl und Beton verringern. Später werden Bauteile vielleicht noch einmal verwendet, oder aus ihnen werden Holzwerkstoffe, die ein weiteres Leben in Bau und Ausbau haben. In der Schweiz wird im Bauwesen fast 16-mal mehr Beton verwendet als Holz. Das zeigt, wie gross das Potential des nachwachsenden Materials ist, auch wenn es Beton nicht überall ersetzen kann.


Immer mehr Möglichkeiten mit Holz

Die Möglichkeiten des Bauens mit Holz haben sich in den letzten zwanzig Jahren entscheidend erweitert. Bis Ende 2004 galt: zwei Geschosse plus Dachausbau, dann war Ende Feuer. Buchstäblich: denn mehr liessen die damaligen Brandschutzvorschriften nicht zu. 2005 wurde es erstmals möglich, mit Holz bis zu sechs Geschosse zu errichten. Erst seit 2015 aber ist die Anwendung von Holz am Bau in allen Gebäudekategorien und Nutzungen möglich – bis hin zum Hochhaus. Dazwischen liegen Jahrzehnte von Forschung und Entwicklung, um nachzuweisen: Richtig konstruierte Holzbauten sind so sicher wie jede andere Bauweise auch. Die ETH spielte dabei zusammen mit vielen anderen Partnern in einem Verbundprojekt der Lignum eine wichtige Rolle.

Heute entstehen aus Holz staunenswerte Dachkonstruktionen wie jene der weltbekannten neuen Elefantenanlage im Zoo Zürich. Oder international beachtete Firmengebäude wie jenes von Swatch in Biel. Wildtierbrücken über Autobahnen. Oder sogar ganze Flughafendocks, wie in Zürich-Kloten geplant. Aber was vielleicht noch wichtiger ist als die spektakulären Projekte: Holz ist normal geworden. Vier- bis sechsgeschossige Holzbauten sind landauf, landab zu einer gängigen Erscheinung geworden.

Hinter dieser erfreulichen Entwicklung steht das neue Interesse am Thema grauer Energie, bei welchem Holz hervorragend abschneidet. Doch auch die stürmische Entwicklung von Verklebung und Verbindungstechnik und die Ausdifferenzierung des Systemgedankens im Bauen mit Holz unter Einschluss der digitalisierten Produktionskette in der Vorfertigung spielen eine grosse Rolle. Und nicht zuletzt auch neue – oder wiederentdeckte – Werkstoffe wie Laubholz, von dem sich im Wald aufgrund des Klimawandels immer mehr findet, während sich seine konstruktive Anwendung erst zögerlich anlässt. Die ETH-Forschung gibt starke Impulse, um dieses Feld aufzurollen.


Der Weg in Richtung Bioökonomie lohnt sich

Mittlerweile herrscht international ein regelrechter Wettbewerb um neue Höhenrekorde im Bauen mit Holz. Das derzeit höchste Holz-Hybridgebäude der Schweiz ist mit 60 Metern das Hochhaus ‹Arbo› in Rotkreuz. In Regensdorf wächst jetzt aber ein noch höheres Bauwerk empor, das Hochhaus ‹H1› auf dem ‹Zwhatt›-Areal. 75 Meter wird es nach seiner Fertigstellung 2024 erreichen. Andrea Frangi erläuterte die technischen Herausforderungen, die es bei solchen Bauwerken hinsichtlich Aussteifung und Robustheitzu meistern gilt.

Eine ganze Reihe weiterer Holz-Hochhausprojekte steht in der Schweiz an der Schwelle zur Realisierung. Etwa ‹Pi› in Zug, für dessen Tragwerk ein Konzept zum Zug kommt, zu dessen Findung die ETH-Forschung wesentlich beigetragen hat. Andrea Frangi zeigte sich überzeugt, dass das leichte Material Holz beim Bauen Zukunft hat: ‹Das Verlangen nach leichten und materialsparenden Strukturen sollte zwangsweise in den Vordergrund rücken. Wenn die Rede von materialeffizientem und ressourcenschonendem Bauen ist, muss die Reise im Bauwesen weiter diesen Weg einschlagen. Die Aufgabe, das Gewicht unserer Bauten zu senken, um mit weniger mehr bauen zu können, wird zukünftiges Hauptziel der Tragwerksplanung sein.›

Bauen mit Holz imt grossen Stil erfordert allerdings auch, ein Auge auf die Rohstoffversorgung zu haben. Gefragt ist Holz aus leistungsfähigen, nachhaltig bewirtschafteten Wäldern, bei dem Menge und Qualität stimmen, aber auch die konsequente Verwertung von Sekundärrohstoffen für die Kaskadennutzung. Anders gesagt: Die Steigerung des Pro-Kopf-Verbrauchs von Holz ruft nach erhöhter Ressourceneffizienz durch Kreislaufwirtschaft.


Links Gruppen der Bundesversammlung (PDF, 1 MB) | Professur Holzbau an der ETH Zürich