Grossexperiment zu Luft- und Bodentrockenheit im Wallis
Das versprühte Wasser verdunstet sogleich und reduziert so in den Baumkronen das Dampfdruckdefizit (VPD), den ‹Durst› der Luft. Gleichzeitig wird die Bodentrockenheit mit einer Bewässerungsanlage und Regendächern manipuliert. Die rund 130 Jahre alten Waldföhren erhalten unterschiedlich viel Bodenwasser. Entweder gibt es die natürliche Regenmenge von ca. 600 mm/Jahr, mittels Bewässerung das Doppelte (1200 mm/Jahr) oder unter einem Regendach nur die Hälfte der natürlichen Niederschläge, also etwa 300 mm/Jahr. Gemessen werden im Experiment über 100 Parameter auf der Baum- und Ökosystemebene.
Bild Marcus Schaub, WSL
Etwas Eigenartiges geschieht seit diesem Frühsommer in den Baumwipfeln des Walliser Pfynwalds: Zahlreiche Düsen, an hohen Gerüsten montiert, lassen mit Hochdruck Wasserdampf in die 12 m hohen Wipfel von ausgewachsenen Waldföhren entweichen. Die Installation ist Teil eines weltweit einzigartigen Experiments namens ‹VPDrought›.
Das vom Schweizerischen Nationalfonds, der WSL, der EPFL und dem SwissForestLab finanzierte Projekt soll die Auswirkungen von Boden- und Lufttrockenheit in einem natürlichen Waldökosystem entflechten. Die Forscherinnen und Forscher wollen verstehen, wie heisse und trockene Bedingungen die Resilienz von Wäldern beeinflussen und welche Prozesse zum Absterben von Bäumen führen.
Klimawandel gibt im Wallis eine Live-Vorstellung
Denn das Klima wird heisser und trockener, so, wie es heute schon vielerorts im Wallis ist. Die Folgen machen sich bereits bemerkbar: Im Kanton Wallis sowie in den benachbarten inneralpinen Trockentälern – Region Innsbruck, Niederösterreich, Süd-Steiermark, Vintschgau, Aostatal – sterben Waldföhren.
An ihrer Stelle wachsen trockentolerantere Eichen nach. Warum und wie die verantwortlichen Prozesse ablaufen, erforscht die WSL im Pfynwald schon seit 21 Jahren. Sie bewässert jede Nacht Teile dieses Waldes, um die Bäume mit und ohne Trockenstress zu untersuchen.
Ansteigendes Dampfdruckdefizit erzeugt Teufelskreis
Nun bringt die Klimaveränderung einen weiteren beunruhigenden Umweltfaktor ins Spiel: den zunehmenden ‹Luftdurst›. Je wärmer die Luft, desto mehr Feuchtigkeit kann sie nämlich aufnehmen. Dies führt dazu, dass die aufgeheizte Atmosphäre den Pflanzen und Böden mehr Wasser entzieht.
Dieser ‹Durst› wird Dampfdruckdefizit genannt, englisch ‹vapor pressure deficit› (VPD). Das VPD ist ein entscheidender Faktor dafür, wieviel Wasser die Bäume über Blätter oder Nadeln verdunsten, und hat somit grossen Einfluss auf die Wasserversorgung und Kühlung der Pflanze.
Mit steigenden Temperaturen ist zu erwarten, dass das VPD exponentiell ansteigt. Hohe VPD-Werte führen zu einer übermässigen Verdunstung, wodurch die Pflanzen unter Trockenstress geraten können. Zusätzlich zu den direkten Auswirkungen auf die Pflanzenphysiologie beschleunigt ein hohes VPD die Verdunstung aus Böden, wodurch ein Teufelskreis aus Bodentrocknung, Erwärmung der Landoberfläche und Trockenstress für die Pflanzen entsteht.
Link www.wsl.ch