Holz hält Hagel stand
Oben: Hagelgefährdungskarte für die Schweiz, Wiederkehrperiode 50 Jahre. Die Hagelkarte wurde dank Radarmessungen von MeteoSchweiz erstellt. Links unten: Blick ins Labor – so wurden die Holzfassadenelemente an der Empa auf ihre Hagelresistenz geprüft. Rechts unten: Dachüberstände sind eine der vorbeugenden Massnahmen gegen Hagelschäden.
Bild oben VKF/Quelle swisstopo | Bild unten links Empa/FPC 23.03.2009 | Bild unten rechts Lignum
Hagel verursacht jedes Jahr hohe Schäden. Die Schweizerische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft, kurz Schweizer Hagel, die im Inland wie im angrenzenden Ausland eine Versicherungsdeckung für landwirtschaftliche und gartenbauliche Kulturen anbietet, registrierte 2011 allein in der Schweiz 6874 Schäden mit einer ausbezahlten Summe von 34,5 Millionen Franken.
Hagelereignisse sind aber vor allem für das überbaute Gebiet zunehmend kostspielig. Grosswetterlagen, die extreme Hagelereignisse begünstigen, treten seit einigen Jahrzehnten häufiger auf. Während von 1961 bis 1991 die bei den Gebäudeversicherern gemeldeten Hagelschäden eine Grösse von 20 bis höchstens 60 Millionen Franken pro Jahr erreichten, wurde die 60-Millionen-Marke zwischen 1992 und 2006 insgesamt achtmal überschritten. 2005 überstiegen die Hagelschäden in der Schweiz gar erstmals 140 Millionen Franken.
Mit drei Zentimetern ist zu rechnen
Wie häufig ist Hagelschlag? Eine grobe Faustformel besagt, dass bei uns nur etwa jedes zehnte Gewitter mit Eiskörnern aufwartet. Dennoch: Im zentralen und östlichen Mittelland sowie im östlichen Jura sind in der Schweiz Hagelkörner von mindestens 3 cm Durchmesser mit einer Wiederkehrperiode von 50 Jahren zu erwarten. Wallis und Graubünden sind am wenigsten von Hagelstürmen betroffen. Die Westschweiz und das Tessin unterliegen einer mittleren Hagelgefährdung mit Körnern von 2 cm für eine Wiederkehrperiode von 50 Jahren.
Die Schäden durch Hagel an Gebäuden können von Abplatzern oder Aufrauhungen an der Oberfläche über Formschäden wie Dellen und Verbiegungen bis zu Rissen, Brüchen und Perforationen gehen. Wie massiv Hagelschäden bei Bauten ausfallen, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Wie lange das Unwetter dauert, wie gross die fallenden Körner sind und wie sie auftreffen.
Wenn es ohne starken Wind hagelt, sind meist nur Dächer betroffen, während vertikale Flächen verschont bleiben. Kommen jedoch Gewitterböen ins Spiel, so kann der Einfallswinkel der Eiskörner schräg bis zur Horizontalen sein – mit unter Umständen erheblichen Schadensfolgen etwa für Jalousien, Läden, Verglasungen und ganze Fassadenoberflächen. Schlägt schwerer Hagel Löcher, kann Regen weiteres Unheil stiften – wenn etwa die Gebäudehülle durch den Hagelschlag undicht geworden ist oder Hagelkörner die Abläufe für die Entwässerung verstopfen.
Material entscheidet mit
Welche Spuren Hagelgewitter an einem Haus hinterlassen, hängt natürlich aber nicht nur von der Heftigkeit und den je verschiedenen Begleitumständen des Ereignisses ab, sondern auch von der Form, vom Standort, der Orientierung und der Oberflächenbeschaffenheit des betroffenen Gebäudes selbst – und davon, ob die Hagelkörner auf robuste Materialien und Bauteile treffen oder nicht. Der Hagelwiderstand verschiedener Baumaterialien variiert nämlich stark.
Zur besseren Übersicht werden die Produkte in Hagelwiderstandsklassen eingeteilt. Die Hagelwiderstände 1–5 bezeichnen die Grösse der Hagelkörner in Zentimetern, die ein Bauteil aushält, ohne dass es beschädigt wird. Im Mittelland sollten die Produkte mindestens die Widerstandsklasse 3 erreichen – entsprechend den drei Zentimetern Korndurchmesser, mit denen es zu rechnen gilt.
Diese Latte erreichen auch sorgfältig konstruierte Holzfassaden, wie sich 2009 an der Empa nachweisen liess. Die Forscher beschossen mit künstlich hergestellten Eiskugeln Nadelholzfassadenelemente in unterschiedlichen Ausführungen, um sie auf ihren Hagelwiderstand zu prüfen. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse konnten für Hobelwaren materialspezifische Prüfbestimmungen erarbeitet sowie verschiedene Holzfassadenelemente in die Hagelwiderstandsklasse 3 eingestuft und ins Hagelschutzregister der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen aufgenommen werden.
Schutzvorkehrungen auch im Detail
Wie sollen Holzfassaden konstruiert werden, um Hagelschlag standzuhalten? Wichtig ist: Wenn ein Gebäude in einer hagelgefährdeten Region erstellt wird, sollte dies bereits während der Planungsphase beachtet werden. Dafür lassen sich verschiedene Elemente anwenden, die sich auch für den Holzschutz bewährt haben.
Guten Schutz für die Aussenhülle von Gebäuden auch gegen Hagelschlag versprechen Vordach- und Fassadenvorsprünge; sie sollten auf den am meisten wetterbeanspruchten Fassaden (westliche bis südliche Exposition) mindestens 50 cm je Geschoss auskragen. Geringere Tiefen bringen immerhin bereits einen Teilschutz. Allerdings kann Hagel ja eben auch annähernd waagrecht auf Fassaden auftreffen. Vorsprünge schützen deshalb nicht immer.
Unbehandelte Holzfassaden aus Fichte oder Tanne gewähren einen guten Schutz gegen Hagelschlag. Dichtere Holzarten wie Douglasie, Lärche oder Kastanie sind unter dem Aspekt der Hagelresistenz etwas besser einzustufen als Fichte oder Tanne. Um die Verletzungsanfälligkeit einer Holzfassade zu senken, werden Kanten mit Vorteil gerundet, wie es bei behandelten Oberflächen Stand der Technik ist.
Sägerohe Oberflächen und vertikal angeschlagene Fassadenelemente sind tendenziell weniger empfindlich, als wenn sie gehobelt und horizontal befestigt sind. Bei behandelten Holzfassaden sind in hagelgefährdeten Gebieten dünnschichtige Oberflächenbehandlungen den Dickschichtlasuren sowie den deckenden Systemen vorzuziehen.
Thermisch behandelte Hölzer sind durch die höhere Sprödigkeit und Steifigkeit gegen Hagelschlag vermutlich anfälliger als unbehandelte Hölzer. Plattenförmige Holzwerkstoffe sind nur mit Vorbehalt für eine Aussenanwendung zu empfehlen, insbesondere wegen des problematischen Kantenschutzes gegen kapillare Feuchteaufnahme.
Reparaturen ohne grossen Aufwand möglich
Und wenn ein Hagelschaden doch einmal eingetreten ist? Teile von Holzfassaden, die von einem Hagelereignis ernstlich beschädigt worden sind, etwa durch Risse oder Dellen, können elementweise ausgewechselt werden.
Bei unbehandelten Holzfassaden ist erfahrungsgemäss zu beobachten, dass sich die Schäden mit der Zeit infolge natürlicher Verwitterungsprozesse zurückbilden. Allenfalls lässt sich durch Bürsten der unbehandelten Oberfläche ein einheitlicheres Farbenbild rascher wiederherstellen. Abgeschlagene Farbanstriche sind zu erneuern. Kanten und Beulen können bei ausreichendem Profil ausgeschliffen werden.
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