Lignum Holzwirtschaft Schweiz

‹Holz als Joker für die Energiewende›

Im Vergleich zu heute liesse sich in der Schweiz noch bis zu einem Drittel mehr Energie aus Holz gewinnen – nicht einfach nur in Form von direkt erzeugter Wärme, wie es bisher überwiegend geschieht, sondern auch in Form von Elektrizität und Treibstoffen. Das zeigt ein neuer Bericht: das ‹White Paper Wood›. Es fasst Resultate des mehrjährigen Energieforschungsprogramms ‹Biomass for Swiss Energy Future› des Bundes zusammen.

Bei der Nutzung in Kaskade wird dafür geeignetes Holz zuerst möglichst hochwertig eingesetzt, zum Beispiel für Häuser, Innenausbauten oder Möbel. Danach folgt eine weitere Nutzung desselben Materials, zum Beispiel für die Herstellung von Holzwerkstoffen, bevor ganz am Schluss der Verwertungskette Altholz zur Energiegewinnung dient. An diesem Grundsatz des Mehrfachgebrauchs gelte es noch vermehrt zu arbeiten, stellen die Autorinnen und Autoren des Berichts kritisch fest. In den letzten Jahren habe die Kaskadennutzung von Holz kaum Fortschritte gemacht. In der Schweiz fehlten jedoch Verarbeitungskapazitäten für die Nutzung der geringwertigeren Holzsortimente, weil die klassischen Holzindustrien – Zellstoff, Papier, Holzwerkstoffe – aus wirtschaftlichen Gründen weitgehend aus der Schweiz verschwunden seien. In Zukunft könnten jedoch Bioraffinerien neue Möglichkeiten für die stoffliche Nutzung von minderwertigem Holz bieten, so der Bericht.
Bild Markus Bolliger, WSL
 

Holz lässt sich CO2-neutral produzieren, mehrfach als Material verwenden, in verschiedenen Formen transportieren und speichern sowie als Wärme, Strom und Treibstoff energetisch nutzen. Nicht zuletzt kann es Lücken bei der Sonnen- und Windenergieproduktion überbrücken, da es zeitlich unbegrenzt zur Verfügung steht. Damit ist Energieholz von grösserer Bedeutung, als es sein vergleichsweise geringer Anteil am Energiemarkt vermuten lässt.

Derzeit macht Holzenergie etwa 5% des gesamten Energie-Endverbrauchs in der Schweiz aus, nämlich etwa 40 Petajoule (PJ) pro Jahr. Dieser Anteil könnte – wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig – maximal um ein Drittel (14 Petajoule) wachsen. Für eine maximale Energiegewinnung und CO2-Einsparung sollte Holz aber in grösserem Umfang anders genutzt werden als heute, so der Bericht.

Die Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, das Paul-Scherrer-Institut PSI und weitere Institutionen haben das im Schweizer Holz steckende Energiepotential berechnet und Technologien für die Verbrennung und Umwandlung in Elektrizität und Treibstoffe weiterentwickelt. Sie untersuchten zudem, wie Bioenergie am besten in das Schweizer Energiesystem eingebettet wird.


Beitrag zur Überbrückung der Winterstromlücke

In der Industrie kann mit Holz Hochtemperatur-Prozesswärme beispielsweise in Form von Wasserdampf erzeugt werden. Oder man kann daraus gasförmige und flüssige Treibstoffe – auch für Flugzeuge – herstellen. Die Abwärme und das CO2, die bei der Umwandlung entstehen, sollten aufgefangen und genutzt werden. Die im Forschungsprogramm entwickelten Umwandlungstechnologien verbessern die Effizienz und CO2-Bilanz solcher Anwendungen, nicht alle sind jedoch schon marktreif.

Aus Energieholz kann in Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen auch Strom gewonnen werden, was vor allem im Winter die nächstbeste Verwendung wäre, um die Winterstromlücke zu überbrücken. Will man Raumwärme aus Holz gewinnen, sollte dies wenn möglich in grossen Anlagen mit Anschluss an das Fernwärmenetz geschehen, hält der Bericht fest. Diese könnten schadstoffärmer und effizienter betrieben werden als eine Vielzahl von Kleinanlagen.

Da Energieholz so vielfältig nutzbar ist, nennen es die Autorinnen und Autoren des ‹White Paper Wood› einen ‹Joker für die Gestaltung der Energiewende›. Ihre Berechnungen zeigen nämlich auch, dass Energieholz die Energieversorgung und das Stromnetz stabilisieren kann, da Holz lagerbar ist und, bei Bedarf umgewandelt, Spitzenbelastungen im Netz ausgleichen kann.


Links White Paper Wood 2023 (PDF, 3.54 MB) | www.wsl.ch