Von Peter Schober, Leiter der Abteilung Bautechnik, und Claudia Koch, Bereich Holzhausbau, beide Holzforschung Austria
Acht Jahre unter Wind und Wetter
Die Forschungsfassade im Wiener Arsenal im Neuzustand (oben) und nach acht Jahren Bewitterung (unten).
Bilder Autoren
Der Langzeittest zeigt, dass Holz- und Holzwerkstoffe grundsätzlich in den unterschiedlichsten Ausführungsvarianten für den Einsatz in der Fassade geeignet sind. Als wesentliches Kriterium für die Lebensdauer der Fassade ist neben der für den Einsatzzweck differenzierten Materialwahl eine einwandfreie Konstruktion zu nennen. Für Beschichtungen gilt weiterhin, dass diese ohne Wartung nicht dauerhaft erhalten werden können. Mit hellen deckenden Beschichtungen werden jedoch lange Wartungsintervalle erreicht.
Musterfassade
Die im Rahmen des Forschungsprojekts ‹Leistungsfähige Holzfassadensysteme› von der Holzforschung Austria im Wiener Arsenal errichtete Musterfassade stand insgesamt acht Jahre der Forschung zur Verfügung. Um das Langzeitverhalten von Holzfassaden beurteilen und die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt evaluieren zu können, wurde die 250 m2 grosse Musterfassade im Massstab 1:1 mit Süd-/Westorientierung nach Projektabschluss weitere fünf Jahre in regelmässigen Abständen begutachtet. Dabei wurden an der aus 25 Versuchsfeldern à 2,80 x 3,50 m bestehenden Fassade wertvolle Erkenntnisse zum Langzeitverhalten unterschiedlicher Holz- und Holzwerkstoffe sowie deren Beschichtungen gewonnen.
Generell ist anzumerken, dass die Vergrauung der Fassade trotz intensiver Beanspruchung geringer ausgefallen ist als erwartet. Die Ergebnisse nach acht Jahren Bewitterung können wie folgt zusammengefasst werden:
Holzarten
Für die unterschiedlichen Fassadensysteme wurden die Holzarten Fichte, Lärche, Douglasie und thermisch modifizierte Fichte verwendet. Grundsätzlich eignen sich alle untersuchten Holzarten für die Verwendung in der Fassade. Tendenziell zeigen Lärche und Douglasie ein etwas besseres Erscheinungsbild als Fichte.
Thermisch modifizierte Fichte zeichnet sich durch wesentlich weniger Verformungen als Massivholzbretter aus nativem Holz aus, weist allerdings stärkere Reliefbildung an der Holzoberfläche und ein stärkeres Abfasern der obersten Holzschichten auf. An der bewitterten unbehandelten Oberfläche lassen sich Fasern bereits mit den Fingern leicht abheben, beim Darüberstreichen wird die Oberfläche faserig und matt. Durch Kratzen mit einem stumpfen Gegenstand (z.B. einem Kugelschreiber) ist die Holzoberfläche leicht zu beschädigen.
Vollholz
Zur Anwendung kamen Stülp- und Deckelschalungen sowie Profilbretter und Leistenfassaden. Alle Fassadenvarianten zeigten die für sie typischen Abwitterungserscheinungen. Die Stülpschalungsbretter weisen auch nach acht Jahren aufgrund der unterschiedlichen Bewitterung im oberen geschützten Bereich hellere Farbtöne auf als im unteren, stärker bewitterten Bereich. An der Deckelschalung zeichnen sich die Deckleisten wesentlich dunkler ab als die dahinter liegenden Schalungsbretter. Bei den Profilbrettern ist darauf zu achten, dass eine Nut/Feder-Verbindung mit einer Federlänge von mindestens 8 mm gegeben ist, um ein Lösen der Verbindungen auch bei niedrigen Holzausgleichsfeuchten in den Sommermonaten zu verhindern.
Die keilgezinkten Fassadenbretter zeigen sich in einem hervorragenden Zustand. Betont muss in diesem Zusammenhang werden, dass schmale, praktisch fehlerfreie Bretter mit Jahrringlage Rift/Halbrift eingesetzt wurden. Die mittels PUR-Klebstoff verleimten Keilzinken weisen keine offenen Fugen auf (auch nicht im Spritzwasserbereich), lediglich die Randzinken heben sich vereinzelt ab. Im Bereich der Klebstoff-Fuge ist eine Gelbfärbung des PUR-Klebstoffes festzustellen, welche durch die Verwendung von MUF-Harzen vermieden werden könnte. Grundsätzlich stellen keilgezinkte Bretter sowohl im unbeschichteten als auch im beschichteten Zustand ein funktionierendes System für hochwertige Fassaden dar.
Holzwerkstoffe
Die 19 mm dicken unbeschichteten, dreischichtigen Massivholzplatten der Qualität SWP3 gemäss ÖNORM EN 13353 (Oberflächenqualität Sortierung AB/B gemäss ÖNORM EN 13017-1) in den unterschiedlichen Holzarten zeigen bei vertikaler Decklage stärkere dunkle Einläufe und Verfärbungen an den unteren Plattenkanten. Darüber hinaus wird in dieser Orientierung auch öfter eine Delaminierung zwischen Decklage und Mittellage festgestellt. Bei horizontaler Orientierung der Deckschicht liegt insgesamt ein besseres Erscheinungsbild bei geringerer Delaminierung vor, allerdings bei teilweise leicht erhöhter Rissbildung in den Plattenflächen.
Dreischicht-Massivholzplatten aus Lärche und Douglasie zeigen insgesamt ein etwas besseres Erscheinungsbild als jene aus Fichte. Die Dreischichtplatte aus thermisch modifiziertem Fichtenholz zeigt weder offene Fugen noch Delaminierungen und eine mit allen übrigen Holzarten vergleichbare Vergrauung. Die Oberfläche ist gegenüber mechanischer Beanspruchung relativ empfindlich (siehe Holzarten).
Bei dem 15 mm dicken unbeschichteten Okoumé-Sperrholz der Verklebungsqualität AW 100 (entspricht den Anforderungen an Sperrholz zur Verwendung im Aussenbereich gemäss ÖNORM EN 636) ohne Beschichtung sind die Decklagen bei vertikaler Orientierung teilweise massiv von den Platten abgelöst. Diese Schädigung ist bei Platten mit horizontaler Orientierung der Decklage nicht festzustellen. Diese weisen im unteren Spritzwasserbereich zum Teil extreme schwarze Verfärbungen auf, Delaminierungen sind jedoch nur vereinzelt festzustellen. Die beschichteten Okoumé-Sperrhölzer zeigen sowohl mit als auch ohne Wartung ein wesentlich besseres Erscheinungsbild (siehe Beschichtungen).
Die eingesetzten 19 mm dicken Spanplatten der technischen Klasse P2 gemäss ÖNORM EN 312 (Platten für Inneneinrichtung zur Verwendung im Trockenbereich), die auf ausdrücklichen Wunsch eines Projektpartners für diese Untersuchungen herangezogen wurden, sind trotz der anfänglich noch vorhandenen Beschichtung extrem stark abgewittert (mehrere Millimeter). Späne lassen sich leicht entfernen, die Kanten sind stark aufgequollen und weich. Das Material lässt sich per Hand ohne Kraftaufwand ablösen. Der Einsatz von Spanplatten dieses Typs in der Fassade kann aufgrund dieser Ergebnisse weiterhin nicht empfohlen werden.
Die sowohl ohne als auch mit Beschichtung (die allerdings bereits nach kurzer Zeit abgewittert war) eingesetzten 15 mm dicken OSB-Platten der Qualität OSB/3 gemäss ÖNORM EN 300 (für den tragenden Einsatz im Feuchtbereich geeignet) zeigen sich insgesamt in einem überraschend guten Zustand. Die Oberfläche ist gelblich-grau verfärbt, Strands lassen sich kaum abheben, Kanten sind nur in geringem Ausmass gequollen. Im Spritzwasserbereich ist eine starke Schwarzfärbung ersichtlich. Die Struktur der Platte ist nicht zerstört, allerdings zeigt die OSB-Platte aus einer Entfernung von etwa 10 m ein optisch nicht sehr ansprechendes Erscheinungsbild.
Beschichtungen
Grundsätzlich ist vorweg anzumerken, dass nur jene Profilformen empfohlen werden können, welche eine entsprechende Kantenrundung aufweisen. Scharfkantige Ausführungen wie auch gefaste Kanten zeigen bei allen Beschichtungssystemen ein frühzeitiges Versagen der Beschichtung an der Kante und damit einhergehend ein Ausbreiten von Verfärbungen und ein Ablösen der Beschichtung.
Werkseitig applizierte Beschichtungen (ca. 80 µm) sowohl lasierend hellbraun als auch deckend weiss zeigen sich insgesamt in einem wesentlich besseren Zustand als händisch mittels Pinsel applizierte Beschichtungen (ca. 60 µm). So sind die industriell beschichtete Profilbretter mit weisser Beschichtung auch nach acht Jahren Bewitterung noch in einem hervorragenden Zustand.
Im Bereich der Keilzinkung zeigen die Beschichtungen teilweise Risse mit beginnender Unterwanderung des Beschichtungsfilmes. Dies ist auf die unterschiedlichen Quell- und Schwindbewegungen der einzelnen Hölzer zurückzuführen.
Die lasierenden hellbraunen Beschichtungen zeigen nach acht Jahren Bewitterung ohne Wartung starke Abwitterungen. Die Abwitterungen gehen von den Kanten aus, die Flächen sind teilweise von Feuchtigkeit unterwandert, und im Spritzwasserbereich ist die Beschichtung teilweise nicht mehr vorhanden. Bei den Dreischichtplatten ist die Beschichtung auch am Spätholz der Jahresringe abgewittert.
Ein Teil der Okoumé-Sperrholzplatten wurde wie empfohlen gewartet. Diese Platten zeigen ein wesentlich besseres Erscheinungsbild. Lediglich durch den etwas zu späten Wartungszeitpunkt sind dunkle Flecken und damit ein etwas unruhigeres Erscheinungsbild vorhanden.
Die deckend weissen Beschichtungen können insgesamt als die hochwertigsten Beschichtungen an der Testfassade beurteilt werden. Die Beschichtungen sind teilweise, insbesondere bei maschineller Applikation, noch vollständig intakt. Lediglich im Bereich der Kanten und im Spritzwasserbereich sind Abwitterungserscheinungen erkennbar.
Bei allen Ausführungsvarianten mit Öl- und Nanobeschichtungen ist die Beschichtung nicht mehr vorhanden, wobei anzumerken ist, dass keine Wartung durchgeführt wurde. Das jeweilige Fassadenmaterial ist daher wie eine unbehandelte Oberfläche zu beurteilen.
Sondermaterialien
Die zwei eingesetzten WPC-Profile zeigen sich insgesamt in einem sehr guten Zustand. Das unbeschichtete WPC zeigt eine Weissfärbung, die Oberfläche kreidet leicht ab, und beginnender Schwarzpilzbefall ist aus der Nähe erkennbar. Das dunkel beschichtete WPC-Profil zeigt sich in einem hervorragenden Zustand, lediglich durch mechanische Beschädigungen ist die Beschichtung leicht zerkratzt. Die unteren 5 cm im Spritzwasserbereich sind, im Streiflicht erkennbar, leicht angequollen. Entsprechend den Herstellerangaben ist alle acht Jahre eine Wartung durchzuführen, was durch das vorliegende Ergebnis auch bestätigt werden kann.
Sowohl eine Variante der OSB- als auch der Spanplatten sind mit einer in vier Arbeitsgängen aufgebrachten High-Solid-Beschichtung auf PUR-Basis (Schichtdicke ca.0,4 mm) versehen. Dabei zeigt sich: Wenn die Beschichtung keine Beschädigungen aufweist, liegt diese auch in einem einwandfreien Zustand vor. Sollten jedoch Beschädigungen der Beschichtungen auftreten, wird der jeweilige darunter liegende Holzwerkstoff völlig zerstört. Teilweise liegen grossflächige strukturelle Zerstörungen vor, und der Einsatz solcher Beschichtungssysteme kann weiterhin nicht empfohlen werden.
Konstruktion
Die Empfehlung, Fugen mit mindestens 10 mm Breite auszuführen, hat sich im Langzeitversuch bestätigt. Dadurch, dass sich in diesen Fugen kein Kapillarwasser halten kann, zeigt die Konstruktion in diesem Bereich keine (wie immer gearteten) Schäden.
Die verschiedenen Ausführungen stumpfer Stösse bei Profilbrettern mit und ohne Hirnholzschutz bzw. mit und ohne Oberflächenbeschichtungen zeigen, dass in diesem Bereich bislang keine Fäulnisschäden aufgetreten sind, und die Unterschiede der einzelnen Varianten sind marginal. Lediglich Oberflächenbeschichtungen zeigen ausgehend vom Hirnholz verstärkte Abwitterungserscheinungen.
Die unter den jeweiligen Fassadenflächen angebrachten verzinkten Metallprofile weisen starken Rost auf. Es sind jedenfalls reine Zinkbleche oder gleichwertige Materialien dringend zu empfehlen, sowohl im Hinblick auf die Lebensdauer als auch auf auftretende Verfärbungen.
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