Die aktuelle Version der ‹Ökobilanzdaten im Baubereich› weist verschiedene Neuerungen auf. Die Energie wird neu in kWh statt wie bisher in MJ quantifiziert. Das gilt sowohl für die Bezugsgrösse der bilanzierten Energieträger als auch für den Indikator Primärenergie. In einer Übergangsphase werden beide Varianten (MJ und kWh) angeboten. Damit folgt die Empfehlung der im SIA derzeit laufenden Umstellung auf kWh.
Die Empfehlung wurde mit Ökobilanzdaten unter anderem zu Tiefbauarbeiten im Hochbau, Sonnenschutz und Fassadenverkleidungen, Aerogel, Baustoffen auf Basis nachwachsender und natürlicher Rohstoffe wie Hanfbeton, Flachswärmedämmung, Lehmmauer und Strohmauer sowie Küchen erweitert. Aber auch Holz aus Schweizer Produktion ist in der online verfügbaren Excel-Tabelle neu aufgeführt; es weist wesentlich niedrigere Werte auf. Zudem wird der Primärenergiegehalt neu durchgehend in ‹erneuerbar› und ‹nicht erneuerbar› unterteilt.
Die Ökobilanzdaten zu Baumaterialien wie Holz und Holzwerkstoffen, Gipswerkstoffen, Putzen, Unterlagsböden, und Bauteilen Verglasungen und Rahmenprofilen wurden aktualisiert, ebenso die Daten zur Herstellung von Aluminium. Um der heutigen Betonvielfalt gerecht zu werden, wird neu online ein Betonsortenrechner angeboten. Die Anzahl herstellerspezifischer Ökobilanzdaten ist weiter gewachsen: Mit Holzwerkstoffen, Aluminiumprofilen und Fensterrahmen sowie Baumaterialien auf Basis nachwachsender Rohstoffe.
Für Angleichung an europäische Normen
Für die Berechnung der grauen Energie eines ganzen Gebäudes bedarf es einer möglichst breiten Datengrundlage auf Basis einheitlicher Umweltdeklarationen. Doppelspurigkeiten verursachen unnötige Kosten und Aufwand. Als Schönheitsfehler der KBOB-‹Ökobilanzdaten im Baubereich› könnte man es deshalb bezeichnen, dass die Werte nicht nach denselben Rechenregeln wie in der europäischen EN 15804 berechnet werden und dass sie daher nicht kompatibel sind. Sie umfassen auch nicht so viele Indikatoren wie EPDs (Environmental Product Declarations), welche nach EN 15804 erstellt wurden. Die Daten basieren ausserdem immer noch auf der ecoinvent-Datenbank Version 2.2 und noch nicht auf der aktuellsten Version 3.3. Beide Systeme machen quantitative Aussagen auf Basis von Umweltdeklarationen und sind daher gemäss ISO 14025 Umweltzeichen Typ III einzustufen.
Auch hinsichtlich technischer Handelshemmnisse könnte das parallele System Haken haben. Denn würden in der EU künftig Bauprodukte mit wesentlichen Merkmalen hinsichtlich der Grundanforderung 7 ‹Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen› definiert, so dürften für diese Produkte in öffentlichen Ausschreibungen keine Ökobilanzdaten nach nationalen Rechenregeln gefordert werden, dies wegen der harmonisierten technischen Normen (hEN). Betroffen wären dann auch die damit zusammenhängenden nationalen Labels. Die Lignum plädierte deshalb an der letzten Sitzung der Plattform Ökobilanzdaten im Baubereich-KBOB erneut für die Angleichung der KBOB-Rechenregeln an die europäischen Normen nach EN 15804.
Absehbare Konsolidierung in Europa
Auch in der EU hat man bemerkt, dass unterschiedliche Umweltdeklarationen in einzelnen Ländern oder aus den CEN Technical Committees keinen Sinn machen. Die EU-Kommission führt deshalb gerade ein Projekt zu ‹Macro-objectives in the construction sector› durch. Zudem wird zwischen der EU-Kommission und dem CEN TC 350 (Sustainability of construction works) eine politische Diskussion darüber geführt, wie Ökobilanzen in der EU methodisch gerechnet werden sollen – die EU-Kommission hat in der Revision die Methodik des ‹Product Environmental Footprints› in die Diskussion gebracht.
Dessen Prinzip mag für Konsumgüter im Kaufhaus durchaus geeignet sein: Mit Hilfe eines einfachen Ampelsystems auf der Etikette sieht man beim Kaufentscheid schnell, welches Produkt ökologischer ist. Für Gebäude sind jedoch quantitative und differenzierte Indikatoren nach EN 15804 viel besser geeignet, auch wenn diese komplexer sind. Die Vielzahl von Zusatzinformationen lässt sich künftig dank BIM in der Planung einfach handhaben. Mit EN 15804 liegt zudem eine von der Europäischen Kommission mandatierte horizontale Norm für alle Bauprodukte vor, die heute als Grundlage für alle relevanten EPD-Programme Europas dient. Auch in einer Erwägung der Europäischen Bauproduktenverordnung steht zudem der Hinweis, dass bei der Umsetzung der 7. Basisanforderung wenn möglich EPDs verwendet werden sollten.
Um dem Wirrwar um die Umweltdeklarationen endlich ein Ende zu setzen und klare Verhältnisse für Planer und Konsumenten zu schaffen, nehmen einige Länder wie Frankreich und Belgien das Zepter selber in die Hand und definieren per Gesetz die Kommunikation von Umwelteigenschaften von Produkten nach EN 15804. Es ist also längst klar, dass die Reise in Richtung EPD nach EN 15804 geht, auch wenn dies noch nicht alle Sektoren der Bauwirtschaft so sehen mögen.
Link www.kbob.ch