Kulturprägende Frucht im Tessin: die Edelkastanie
Edelkastanie
Bild Marketing Schweizer Holz
Verbreitung der Edelkastanie im Schweizer Wald
Die Edelkastanie war ursprünglich im Kaukasus und in Kleinasien beheimatet und kam etwa im 5. Jahrhundert v. Chr. über Griechenland nach Italien. Den alten Römern ist es zu verdanken, dass sie gemeinsam mit den Weinreben über die Alpen nach Frankreich, der Schweiz, Deutschland und Österreich gelangte und hauptsächlich beim Weinanbau für Rebstockpfähle verwendet wurde.
Die Edelkastanie ist ein breitkroniger Laubbaum und wird in der Regel bis 30/35 m hoch. Sie ist eine tiefwurzelnde Halbschattenbaumart, zieht als Standort sommerwarme, wintermilde und regenreiche Lagen vor, hat sich aber inzwischen auch anderen Klimabereichen angepasst. Allerdings ist die Edelkastanie nördlich der Alpen immer noch durch starke Fröste gefährdet.
Die Wirkstoffe der Edelkastanie
Die nährenden und heilenden Kräfte der Esskastanie waren nachweislich schon den Griechen und Römern gut bekannt. Noch heute sind Esskastanien in einigen Ländern am Mittelmeer ein wichtiges Nahrungsmittel; sie enthalten 40% Wasser, 43% Stärke und 2,5% Fett. Wie aus den Schriften der heilkundigen Hildegard von Bingen (1098–1179) hervorgeht, waren auch im Mittelalter die besonderen Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten der Edelkastanie gut bekannt. So konnte man mit Hilfe von Rezepten, die Hildegard von Bingen verfasst hatte, Beschwerden wie Gicht, Rheuma, Kopfschmerzen oder Leberleiden erfolgreich behandeln.
Hinsichtlich der Wirkstoffe der Esskastanie haben wissenschaftliche Untersuchungen folgendes ergeben: In den Blättern, der Rinde und im Holz sind Gerbstoffe enthalten, darunter Gallussäure, Quercitin und Castalgin und in den Früchten Kohlehydrate, vor allem Stärke und Saccharose. Zu den Nebenwirkstoffen in Rinde, Blättern und Holz gehören Harz, Fett, Glykoside, Mineralsalze und Pektinstoffe, während in den Früchten Gerbstoffe, Protein und Vitamine enthalten sind.
Der Baum und seine Erscheinung
Die Edel- oder Esskastanie lässt sich beschreiben als grosser Baum mit einem kurzen, meistens starken, häufig drehwüchsigen Stamm und einer in der Regel breiten Krone. Auf passenden Standorten kann sie jährlich 30–35 cm in die Höhe und auch in die Breite wachsen. Bevorzugt werden mittel- bis tiefgründige, mineralstoffreiche Lehm- und Steinböden in Lagen bis etwa 1000 m, die wintermild, sommerwarm und luftfeucht sind.
Der Baum gedeiht nur auf kalkfreien, sauren Böden gut; auf kalkhaltigem Untergrund wächst er, wenn überhaupt, nur langsam. Zu den sonstigen umweltrelevanten Eigenschaften der Edelkastanie gehört es, dass sie Hitze und sommerliche Trockenperioden gut verträgt (empfindlich ist sie gegen niedrige Wintertemperaturen sowie Früh- und Spätfröste). Ferner ist sie wind- und sturmfest. Hinzu kommt ihr hohes Stockausschlagvermögen.
Wenn die Esskastanien nicht in einem Niederwald aufwachsen bzw. aufwachsen müssen, sondern an anderen passenden Standorten, erreichen sie Baumhöhen von 20–30 m und Stammdurchmesser von 80–180 cm. Sehr alte Bäume bringen es sogar auf 4–5 m, wobei anzumerken ist, dass die Esskastanien durchaus 500 oder 600 Jahre alt werden können. Die Stämme wachsen in der Regel in gerader Form hoch, allerdings werden schon in geringer Höhe, etwa ab 3 m, wenige starke Äste gebildet.
Verwendung des Holzes
Kastanienholz aus Niederwaldbeständen wird einmal als Brennmaterial eingesetzt, wenngleich es einen geringeren Heizwert als Eichen- und Buchenholz besitzt. Grössere Anteile werden zur Herstellung von Gerbstoff und anschliessend bei der Zellstoffproduktion eingesetzt. Kastanienstockausschläge in schwächeren Durchmessern werden als Weinbergpfähle, als Stöcke oder als Stangen in Gartenbaubetrieben und anderswo verwendet.
Kastanienholz ist mittelschwer, ziemlich hart und hat gute Festigkeitswerte. Es ist grobporig und hat eine markant gestreifte (gefladerte) Zeichnung, weshalb es als dekoratives Holz eingeschätzt wird. Hinzu kommt noch eine hohe natürliche Dauerhaftigkeit. So kann Kastanienholz für Konstruktionszwecke im Innen- und Aussenbau gut eingesetzt werden, wie zum Beispiel Parkett, Treppen, Türen, Vertäfelungen u. a.
* Dr. rer. nat. (forest.) Rudolf Beyse, Celle
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