‹Lasst uns endlich wieder Wohnungen bauen›
Im vergangenen Jahr seien so wenig neue Wohnungen bewilligt worden wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen vor 20 Jahren, hielt Raiffeisen Schweiz vergangene Woche fest. ‹Vieles weist am Schweizer Mietwohnungsmarkt weiterhin auf eine deutlich zunehmende Knappheit hin. Wie stark diese bereits ist, zeigt sich exemplarisch an der schweizweiten Leerstandziffer, die schon bald unter die psychologisch wichtige Marke von 1% sinken dürfte. Das stärkste Knappheitssignal senden aber die Angebotsmieten, deren Jahreswachstum im zweiten Quartal 2024 auf 6,4% angestiegen ist›, erklärt Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile. Die Grafik zeigt die Entwicklung der Anzahl ausgeschriebener Mietwohnungen auf Internetportalen in der Schweiz.
Grafik Raiffeisen
Die Stadt Zürich hat letzte Woche ihre neusten Zahlen bekanntgegeben: Am 1. Juni 2024 standen in der Limmatstadt 169 Wohnungen leer. Die Leerwohnungsziffer betrug 0,07%. Damit gab es etwas mehr leere Wohnungen als im Vorjahr – nämlich sage und schreibe 25; 2013 waren es 144 gewesen. Nur bei den grösseren Wohnungen ab fünf Zimmern nahm der Leerstand ab.
Die zweite grosse Stadt im Kanton, Winterthur, verzeichnete am 1. Juni 2024 83 leer oder zum Kauf stehende Wohnungen. Die Leerwohnungsziffer in der Eulachstadt ist damit auf 0,14% gesunken. Letzte Woche hat auch Basel-Stadt seine neusten Zahlen bekanntgegeben: Der Leerwohnungsbestand ist dort innert Jahresfrist um 332 auf 897 Einheiten gesunken. Die Basler Leerwohnungsquote liegt jetzt bei 0,8%.
Der Markt spielt nicht mehr
Alle drei Werte liegen weit unter der Quote für eine ausgeglichene Balance zwischen Angebot und Nachfrage, die in der Schweiz gemäss Forschungen von Wüest Partner etwa 1,27% beträgt. Für den Schweizerischen Baumeisterverband SBV sind die grellen städtischen Beispiele aber nur die Spitze des Eisbergs: Denn die Misere im Mietwohnungsmarkt beschränkt sich nicht auf die urbanen Hotspots.
Es gibt in der ganzen Schweiz zu wenig leere Wohnungen, und die Mieten steigen weiter. Um den Mangel an Wohnraum zu beheben, müssten 50000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden, rechnet der Verband vor. Doch nach seinen Schätzungen werden es 2024 nur 40000 sein, und 2025 wird es nach Vermutung der Baumeister kaum besser.
Baulandhorter, Einsprachenflut, ISOS-Keule
In den Städten ist der Bedarf an Wohnungen am grössten. Doch genau die Städte seien es, die immer noch über grosse unangetastete Bauzonen verfügen, monieren die Baumeister. ‹Die Stadt Zürich besitzt unbebaute Bauzonen von 288 ha und ist damit Spitzenreiter im ganzen Land. Dahinter folgt Winterthur mit 235 ha.›
Bellinzona, Bern, Genf, Lausanne, Lugano und Luzern fänden sich ebenfalls in der Rangliste ganz weit oben. ‹Die Politik muss Anreize schaffen, damit diese Flächen für den Bau von Wohnungen genutzt werden›, fordert der Verband. Grundeigentümer überbauten ihr eingezontes Bauland oft während Jahrzehnten nicht, sondern horteten es. ‹Aufgrund der 2014 eingeführten Begrenzung der Baulandreserven wird das zunehmend zum Problem›, so der SBV.
Dass Grundeigentümer auf dem Schlauch stünden, sei aber nur eines von mehreren gravierenden Problemen. 70% aller Bauprojekte in der Stadt Zürich seien derzeit durch Einsprachen blockiert. Und 75% der Fläche der Stadt Zürich fänden sich im nationalen Inventar für Ortsbildschutz. Das behindere die notwendige Verdichtung bis hin zur Baublockade.
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