Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Laubholz wird zunehmend zum begehrten Chemie-Rohstoff

Im ostdeutschen Leuna steht eine riesige Bioraffinerie im Bau, mit der ab 2024 aus Laubholz chemische Grundstoffe zum Beispiel für Verpackungen und Textilien gewonnen werden sollen. In Bucha wird 2025 die erste Produktionsanlage für Xylan aus Buchenholz anlaufen, einen Pharma-Rohstoff.

Granuliertes Xylan
Bild Glatt Ingenieurtechnik GmbH/FNR
 

Wenn es ein Paradebeispiel für einen Vorreiter der Bioökonomie im Sektor Wald und Holz gibt, ist es vielleicht der Konzern UPM. Er dekliniert den Wandel von der reinen Papier- und Zellstoffherstellung zum breit aufgestellten Anbieter von Bioökonomielösungen konsequent durch. In Leuna in Sachsen-Anhalt investiert der Konzern derzeit EUR 550 Mio. in eine industrielle Bioraffinerie. Die Bauarbeiten laufen seit 2020.

In der Fabrik soll aus Laubholz eine neue Generation von nachhaltigen chemischen Grundstoffen entstehen: so zum Beispiel Bio-Monoethylenglykole als Basismaterial für die Herstellung von PET-Flaschen, Verpackungsmaterialien, Textilien aus Polyester und Kühlmitteln. Oder Bio-Monopropylenglykole für Waschmittel, Enteisungsmittel, Parfüm und Kosmetik.


Wachstum auf neuen Wegen

Dazu kommen Industriezucker und erneuerbare Funktionsfüllstoffe. In allen Segmenten sollen neue, wegweisende Verfahren zum Einsatz kommen. Die jährliche Gesamtkapazität der Bioraffinerie Leuna wird gemäss UPM bei 220000 Tonnen liegen; der Produktionsstart ist für 2024 geplant. Das gewaltige Investitionsvolumen zeigt: Laubholz wird je länger je mehr nicht nur auf den klassischen Verwendungsschienen nachgefragt werden, sondern auch für neuartige Prozesse auf dem Weg zur Bioökonomie.

‹Nachhaltige Chemikalien aus Biomasse sind eines der drei strategischen Wachstumsfelder für unser Unternehmen›, sagt Jussi Pesonen, Präsident und CEO von UPM. UPM hat in den vergangenen Jahren mit Erfolg ein profitables Geschäft mit holzbasierten Biokraftstoffen aus seiner ersten Bioraffinierie in Finnland aufgebaut. Mit der Investition in die Raffinerie in Leuna schafft das Unternehmen einen völlig neuen Geschäftsbereich mit grossem Wachstumspotential.


Medikamentenrohstoff aus Buche

Auch die Pharmaindustrie, die ‹Luxusklasse› der Bioökonomie, hat längst ein Auge auf den Rohstoff Laubholz geworfen. Nur ein Beispiel: Mit den Ergebnissen des deutschen Forschungsprojekts ‹Xylosolv› steht die weltweit erste industrielle Extraktionsanlage für Xylan aus Buchenholz vor der Realisierung.

Xylan dient wie Lignin im Buchenholz in Hemizellulosen und Lignozellulosen der Zellwand als Stützgewebe. Lässt sich das schwerlösliche Kohlenhydrat sehr rein extrahieren, so ist es als Pharma-Rohstoff interessant. Im Labor war zuvor die Abtrennung von hochreinem Xylan aus Buchenholz bereits gelungen. Allerdings mit noch geringer Effizienz, so dass nur 10% der Biomasse genutzt werden konnten und grosse Mengen an Rückständen anfielen.


Kombinierte Verfahren

Daher setzten sich Forschende des Fraunhofer-Zentrums für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP), der Unternehmen HV-Polysaccharides (HVP) und Glatt Ingenieurtechnik (GIT) zusammen, um das Trennverfahren zu optimieren und in einen Pilotanlagenmassstab zu überführen, wobei im Prozess neben Xylan auch andere Holzbestandteile wie Lignin nutzbar werden.

Die HV-Polysaccharides (HVP) aus Thüringen hatte in einem vorangegangenen Forschungsprojekt ein hydrothermales Verfahren entwickelt, womit Xylan in einer bis dahin nicht realisierten Qualität extrahiert werden kann. Dadurch wird das Kohlenhydrat als Grundstoff für pharmazeutische Wirkstoffe interessant und verspricht sehr hohe Marktpreise. Aufgrund der positiven Projektergebnisse aus Xylosolv plant die HVP für 2025 nun die Umsetzung des Verfahrens in einer ersten Produktionsanlage für Xylan aus Buchenholz am Standort Bucha in Thüringen. 


Links UPM-Bioraffinerie Leunawww.fnr.de