Lignum Compact ‹Ökobilanzen – Grundlagen› liegt vor
Lignum Compact ‹Ökobilanzen›
Redaktion: Hansueli Schmid, Lignum; Dr. Christelle Ganne-Chédeville und Prof. Dr. Aude Chabrelie, Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau, Biel
Gedruckt lieferbar ab 6. Januar 2025 in deutscher, französischer und italienischer Sprache
Download als PDF: Erstmals sind in der digitalen Version die einzelnen Begriffe mit den maschinenlesbaren URI aus dem buildingSMART Data Dictionary (bSDD) versehen.
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Die Produktion von Baustoffen trägt erheblich zur Umweltbelastung bei. Beispielsweise ist die Herstellung von Zement und Stahl für je etwa 8% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, was deutlich mehr ist als der gesamte Flugverkehr, der lediglich etwa 2% ausmacht.
Um die Umweltauswirkungen im Bauwesen zu reduzieren, ist es daher von entscheidender Bedeutung, den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken zu betrachten, einschliesslich der Herstellung und Entsorgung von Baustoffen. Die Berücksichtigung der Umweltauswirkungen aus Herstellung und Entsorgung von Baumaterialien – zusätzlich zur Effizienz im Betrieb – entwickelt sich daher zunehmend zum Standard in der Beurteilung von Gebäuden.
Neue Dynamik in der Verständigung
Die ökologischen Aspekte von Bauprodukten werden auch in der europäischen Bauprodukteverordnung CPR zum wesentlichen Merkmal erhoben und sind damit vom Hersteller bald verpflichtend anzugeben. Es ist anzunehmen, dass sich daraus auch wesentliche Anreize zur Wiederverwendung von Baumaterialien ergeben werden, ohne dass detaillierte Vorgaben ausgearbeitet werden müssten.
Gleichzeitig fördert die neue Dynamik im Bereich Ökobilanzdaten und Digitalisierung auch die Harmonisierung in einem bisher unübersichtlichen Umfeld, welches bis heute von proprietären Lösungen, verschiedensten Labels, Datenstrukturen und nationalen Rechenregeln geprägt ist.
Den ganzen Lebenszyklus betrachten
Ökobilanzen von Baumaterialien enthalten den Ressourcenverbrauch und die Umweltauswirkungen aus den Lebenzyklusphasen Herstellung und Entsorgung. Diese Daten sind also die Grundlage, um die Umweltauswirkungen von ganzen Bauwerken über den gesamten Lebenszyklus beurteilen zu können.
Hierfür wurde ein internationales Normenwerk entwickelt, das es ermöglicht, die Umweltauswirkungen in einzelne, mess- und vergleichbare Indikatoren zu überführen, welche sich jeweils auf eine deklarierte Einheit wie kg oder m2 beziehen.
Zusammen mit der Unterteilung der Lebenzyklusphasen in Module dienen Indikatoren der tabellarischen Deklaration in sogenannten Umweltproduktdeklarationen (EPD). Werden die Umweltauswirkungen auf funktionale Einheiten wie ganze Bauteile oder Systeme summiert, wird es für die Nutzer noch einfacher, bereits in frühen Planungsphasen eine grobe Bilanzierung ganzer Bauwerke vorzunehmen.
Transparenz in der Auswertung der Daten
Da insbesondere in frühen Planungsphasen noch wesentliche Bauentscheide getroffen werden können, geht es oft weniger um quantitative Resultate als um qualitative Vergleiche. Für Holz ist dabei wichtig, Transparenz in der Auswertung der Daten zu erreichen, da viele Vorteile für das Material in einzelnen Indikatoren wie zum Beispiel ‹Primärenergie erneuerbar stofflich gebunden› verborgen sind oder heute in der Betrachtung noch nicht ausreichend mitberücksichtigt werden – so die biogene Kohlenstoffspeicherung während der Nutzung und davon abgeleitete Senkenpotentiale in der bebauten Umwelt oder schliesslich die rückgewinnbare Energie am Ende des Lebenszyklus.
Zur Förderung der Zirkularität bräuchte es nur bilanzielle Vorteile für Bauwerke, welche speziell so gebaut wurden, dass sie später wieder auseinandergebaut und wiederverwendet werden können. Im Bereich der Nutzung fehlen noch bilanzielle Anreize für besondere Massnahmen, die zu einer längeren Lebensdauer der Bauteile führen und damit über den Lebenszyklus weniger oft ersetzt werden müssen. So kann durch architektonischen und konstruktiven Holzschutz die gleiche Fassade ein Mehrfaches der Lebensdauer erfüllen, oder über präventive Massnahmen wie Monitoringsysteme können wichtige Schadensrisiken aufgefangen werden.
Zudem besteht bei eingeschränkter Betrachtung auf einzelne Indikatoren die Gefahr, dass Baustoffe ihre Umweltauswirkungen in andere Indikatoren verlagern: So kann zum Beispiel ein geringeres Treibhausgaspotential durch den erhöhten Verbrauch von Primärenergie erreicht werden, ohne dass dadurch wesentlichen Änderungen angestossen würden.
Neue Möglichkeiten durch Digitalisierung
Das neue Umfeld aus Normierung, vernetzten Daten und Regulierung bietet die Grundlage für neue Möglichkeiten, auch ökologische Aspekte in der Planung von Gebäuden heranzuziehen. Auf der Grundlage konsistenter und maschinenlesbarer Daten werden Softwareanbieter integrierte Lösungen anbieten können, welche die Planerinnen und Planer während ihrer Arbeit begleiten und bei jedem Änderungsschritt Informationen zu Ressourcennutzung, Kosten und Umweltauswirkungen des Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus liefern. In der digitalen Version dieses Dokuments wurden den Begriffen, zu denen Daten bereitgestellt werden können, die URI aus dem buildingSMART Data Dictionary (bSDD) zugeordnet. Dadurch werden die Begriffe für Algorithmen eindeutig identifizierbar und können direkt in Datenbanken und BIM-Workflows integriert werden.
Bauherren und Gesetzgeber erwarten bereits heute, über die Umweltauswirkungen von Bauprojekten informiert und von ihren Expertinnen und Experten entsprechend beraten zu werden. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die grundlegenden Prinzipien und Zusammenhänge in der Ökobilanzierung zu verstehen. Dies auch, um innerhalb der Branche ein gemeinsames Verständnis für die selbstverantwortliche Bewältigung dieser herausfordernden Aufgabe zu entwickeln: denn die besten Lösungen kommen immer noch aus der Praxis.
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