Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Lignum-Holzbulletin im Herbst: Kreislaufwirtschaft

Die ausserordentlich ressourcenintensive Bauwirtschaft muss darauf hinarbeiten, Materialien und Bauteile künftig mehrfach einzusetzen. Das erfordert neue Ansätze in Planung, Konstruktion und Realisierung. Das Lignum-Holzbulletin zeigt Ende September fünf kreislaufwirtschaftlich orientierte Schweizer Projekte im Holzbau.

Holzbulletin 148/2023
Kreislaufwirtschaft
32 Seiten A4, vierfarbig
Inhalt:
- Primeo Energie Kosmos, Münchenstein
- Haus des Holzes, Sursee
- Kultur- und Gewerbehaus ELYS, Basel
- Unterhaltsgebäude Stadion Arbères, Meyrin
- Clusterwohnen Chauchy, Denens
Lignum-Mitglieder erhalten das Holzbulletin viermal jährlich automatisch und kostenlos per Post. Die vierteljährliche Bautendokumentation der Lignum kann man unabhängig von einer Mitgliedschaft abonnieren. Holzbulletin-Hefte können auch einzeln bezogen werden. Die neue Ausgabe 148/2023 ‹Kreislaufwirtschaft› ist ab 6. Oktober im Lignum-Shop bestellbar. Lignum-Mitglieder erhalten sie Anfang Oktober.
Link Lieferbare Holzbulletin-Ausgaben


Lag bis vor kurzem der Fokus beim nachhaltigen Bauen auf der Energieeffizienz der Gebäude, rückt vor dem Hintergrund der steigenden CO2-Emissionen die graue Energie bei der Erstellung von Bauten immer mehr ins Bewusstsein der Beteiligten. Und damit auch die Frage, welche Materialien eingesetzt werden und wie man mit den verfügbaren Ressourcen umgehen soll. Denn Bauen ist äusserst ressourcenintensiv und erfordert sehr viel Energie.

Und auch am Ende des Lebenszyklus eines Gebäudes steht die Bauwirtschaft in der Verantwortung: Der Anteil des Bauschutts am Abfall liegt in der Schweiz bei 84%, was 500 kg pro Sekunde entspricht. Eine erschreckend hohe Zahl. Es sind also Strategien gefragt, um dieses Volumen zu reduzieren.

Ein möglicher Ansatz ist, weniger neu zu bauen und mehr umzunutzen und zu erweitern. Und wenn neu gebaut wird, bereits bestehende Bauteile wiederzuverwenden oder in einer Art und Weise zu planen und zu entwerfen, dass sich Gebäude an ihrem Lebensende so zurückbauen lassen, dass sich die Einzelteile ein weiteres Mal verbauen lassen.


Alter Usus neu entdeckt

Kreislaufwirtschaft ist aktuell das Thema der Architektur- und Baubranche bei Tagungen, Podiumsdiskussionen und in Spezialausgaben von Fachzeitschriften – selbst wenn gegenwärtig nur ein kleiner Bruchteil der Gebäude kreislauffähig gebaut wird. Angesichts der Dringlichkeit des Themas ist zu hoffen, dass die Beschäftigung damit kein Hype ist, sondern zu neuen methodischen Ansätzen in der Planung und im Entwurf und zu neuen Prozessen und Abläufen in der Realisierung führt.

Denn die Idee, bestehende Bauteile wiederzuverwenden, ist nicht neu: ‹In früheren Zeiten war es eine durchaus übliche Praxis, Baumaterialien von Ruinen und Abbruchhäusern für Neubauten als Spolien einzusetzen. Erst mit fortschreitender Technisierung, der leichteren Gewinnung von Rohstoffen und Herstellung von (Verbund-)Materialien haben wir verlernt, mit Baustoffen sparsam und ökologisch umzugehen, indem wir sie mehrfach verwenden›, schreiben die Architekten der Rapp AG im Begleittext zum Projekt ‹Kosmos Primeo Energie›, das wir in dieser Ausgabe des Holzbulletins vorstellen.

Auch für den Holzbau stellt sich die Frage, wie das aufgrund seiner Eigenschaften bereits ressourcenschonende Material verbaut werden kann, so dass es sich von den folgenden Generationen wiederverwenden lässt. Oder worauf zu achten ist, wenn man bestehende Holzbauteile in Tragwerken neu einsetzen möchte. Diesem technischen Aspekt der Kreislaufwirtschaft im Holzbau widmet sich das neue Lignatec 36/2023 ‹Wiederverwertung von Bauholz für tragende Zwecke›, das praktisch gleichzeitig mit dem neuen Holzbulletin erscheint. Lignum-Mitglieder erhalten es Anfang Oktober. Mehr dazu morgen Dienstag in den Lignum-News.


Zwei Basler Vordenkerinnen

Eine Pionierin des kreislauffähigen Bauens ist die Architektin Barbara Buser mit ihrem Baubüro In Situ. Ein erstes von ihr zirkulär geplantes, ganz kleines Objekt findet sich auf der In-Situ-Homepage und ist bereits über 20 Jahre alt: ‹Gartenhaus im Schrebergarten Binningen, 1998› heisst es da, und weiter: ‹Die wiederverwendeten Bauteile stammen alle aus der Bauteilbörse Basel.› Deren Gründung, ebenfalls in den 1990er Jahren, geht auf eine Idee von ihr und Klara Kläusler zurück, zu einer Zeit, da nur ganz wenige von Kreislaufwirtschaft sprachen.

Das ist 2023 nicht mehr so: Das Projekt K.118, die Aufstockung einer Lagerhalle in Winterthur, wurde von In Situ mit dem Ziel entwickelt, ausschliesslich bereits vorhandene Bauteile aus Rückbauten zu verwenden. Das Pionierprojekt wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Die im Verlag Park Books erschienene Publikation ‹Bauteile wiederverwenden› versammelt die Ergebnisse des im Rahmen einer interdisziplinären Forschungsprojekts ausgewerteten Baus.

In diesem Holzbulletin stellen wir das Kultur- und Gewerbehaus Elys in Basel im Detail vor: Für eine Aussenwand und die Wände des Innenhofs setzten die Architekturschaffenden von In Situ bei der Umnutzung eines Verteilzentrums auf die Wiederverwendung von Materialien aus der Umgebung und vom Bestand. Entstanden ist ein Formenspiel im Innenhof und eine vielschichtige, aber strukturierende Haut gegen aussen. Ein zweites Projekt von In Situ findet sich in der Übersicht mit weiteren Objekten zum Thema ‹Kreislaufwirtschaft›, die wir auf einer Doppelseite am Schluss des Heftes zusammengestellt haben.


Das Bewusstsein wächst

Die Bauten, die wir in dieser Ausgabe ausführlich vorstellen, gehen von verschiedenen zirkulären Ansätzen aus oder kombinieren sie: Das ‹Haus des Holzes› beispielsweise ist zwar ein Neubau. Er wurde aber so geplant, dass ihn spätere Generationen vergleichsweise einfach auseinanderbauen und die Bauteile neu nutzen können. Zusätzlich erfüllt das Projekt sehr hohe Anforderungen in Bezug auf das nachhaltige Bauen.

Das Projekt ‹Hortus› von Herzog & de Meuron befindet sich aktuell noch im Bau, geht aber einen ähnlichen Weg. Ebenso das bald fertiggestellte Bürohaus ‹The Cradle› in Düsseldorf oder das Projekt ‹Werkstadthaus› in Ostermundigen, das noch ganz am Anfang des Planungsprozesses steht.

Dass das Anliegen einer zirkulären Bauweise, wie sie beispielsweise von Architektinnen und Architekten mit der Initiative von Countdown 2030 gefordert wird, auch bei den grossen Playern der Bauwirtschaft angekommen ist, zeigt die Charta für kreislauforientiertes Bauen, die kürzlich von zwölf namhaften Partnerorganisationen erstunterzeichnet wurde. Holz ist dafür das Material der Stunde – kreislauffähig und ressourcenschonend.


Jutta Glanzmann
Technische Kommunikation Lignum