Forschung für neue Biomaterialien an der Empa-Abteilung Holz
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von chemisch modifizierter, nanofibrillierte Zellulose.
Bild Empa
Zellulose ist ein nahezu unerschöpfliches Biopolymer aus langen Glukoseketten mit einzigartigen Struktureigenschaften. Sie dient Pflanzen in deren Zellwänden als Gerüst. Zellulose ist extrem zugfest, lässt sich vielseitig chemisch modifizieren – und dadurch in ihren Eigenschaften verändern – und ist biologisch abbaubar.
Auf der Suche nach neuartigen Polymerwerkstoffen mit bestimmten erwünschten Eigenschaften entwickeln die Materialwissenschaftler etwa Hochleistungsverbundwerkstoffe (Komposite), in denen Nanofasern aus Zellulose in Polymere eingebettet sind: als Leichtbauverbundstoffe mit ähnlichen mechanischen Eigenschaften wie Stahl sowie als nanoporöse ‹Bio›-Schaumstoffe, um herkömmliche Isolationsschäume zu ersetzen.
Idealer Leichtbauwerkstoff
Klassische Zellulosechemie im Industriemassstab wird vor allem für die Zellstoff-, Papier- und Faserherstellung eingesetzt. Die Forschung konzentriert sich derzeit darauf, Zellulose in Form von Nanofasern zu isolieren und zu charakterisieren. Sogenannte Nano-Zellulose besteht aus Fasern oder Kristallen mit einem Durchmesser von weniger als 100 Nanometern. Daraus, so die Materialwissenschaftler, lassen sich neue Materialien gestalten, die bei geringem Gewicht eine hohe mechanische Stabilität aufweisen. Kurz: der ideale Leichtbauwerkstoff.
Die Zellulose-Experten der Empa-Abteilung Holz isolieren Zellulose-Nanofasern aus Zellstoff; diese sind mehrere Mikrometer lang, aber nur wenige Nanometer dünn. Die Nanofasern sind untereinander stark vernetzt und haben eine extrem grosse Oberfläche, über die sie mit Substanzen wie Wasser, aber auch anorganischen, organischen und polymeren Verbindungen chemisch-physikalisch interagieren kann.
Zellulose-Nanofasern lassen sich daher als stabile und äusserst reaktive, zudem biologisch erzeugte und abbaubare Ausgangsstoffe für einen technischen Einsatz nutzen, etwa zum Verstärken von (Bio)-Polymeren als vielversprechender umweltverträglicher Leichtbauwerkstoff im Automobilbau, aber auch als Membran- oder Filtermaterial in Verpackungs- oder biomedizinischen Anwendungen.
Chemische Modifizierung als Lösung
Die aus Zellstoff isolierte Nano-Zellulose liegt zunächst als wässrige Suspension vor. Trocknet sie, verhornt das Material, indem die Zellulosefasern miteinander gleichsam verkleben – und verliert seine herausragenden mechanischen Eigenschaften. Daher wollten die Empa-Forschenden ein Verfahren entwickeln, mit dem sich Nano-Zellulose trocknen lässt, ohne dass sie verklumpt und verhornt. Die Zellulose wurde dafür mit einer industriell leicht umsetzbaren und selbst für Lebensmittelanwendungen unbedenklichen Methode chemisch modifiziert; dies verhindert, dass sich die Zellulosefibrillen aneinander lagern und miteinander verkleben.
Das Resultat kann sich sehen lassen: Das getrocknete Nano-Zellulosepulver glänzte nach der Redispergierung in Wasser mit den gleichen Eigenschaften wie nichtmodifizierte Zellulose, die vorher nicht getrocknet wurde. Damit ist das Nano-Zellulosepulver für die Synthese von Bio-Nanokompositmaterialien eine attraktive Alternative zu konventionellen Zellulose-Suspensionen. Diese bestehen zu über 90% aus Wasser – was die Transportkosten explodieren lässt und die Gefahr eines Abbaus durch Bakterien oder Pilze erhöht. Zudem sind wässrige Zellulose-Suspensionen aufwendig zu verarbeiten, da im Verlauf von chemischen Prozessen meist die Lösemittel ausgetauscht werden müssen.
Link www.empa.ch