Lignum Holzwirtschaft Schweiz

REGION OST | Selbstbewusster Holz-Auftritt in Stadt und Land

Schulen aus Holz können gross sein und gut aussehen. Den Beweis treten Neubauten im Thurgau und im Appenzell an. Dass Holz städtisch auftreten kann, zeigen ein Haus für Kinder und ein Bürobau, beide in St. Gallen. Die Schreiner der mit dem Prix Lignum 2024 ausgezeichneten Projekte im Osten bauen aus: eine Bündner Klinik, die nationales Silber holt, und zwei alte Glarner Häuser, die eine spektakuläre Treppe verbindet.

Ausbau Haus 8 der Klinik Beverin, Cazis GR, 2020 | Silber Kategorie Schreinerarbeiten

Bauherrschaft: Psychiatrische Dienste Graubünden, Chur; Architektur: Albertin Architekten, Haldenstein; Schreinerarbeiten: Schreinerei Gredig, Sarn
Bild Ingo Rasp, Chur/Prix Lignum 2024

 

Der Betonbau aus den siebziger Jahren hat beim Umbau mehr als nur sein Gesicht geändert: Die Erneuerung ist komplett ausgefallen. Der aus einem eingeladenen Konzeptwettbewerb hervorgegangene Entwurf von Albertin Architekten sieht aus wie ein Neubau – aus Holz. Holz prägt nun auch das Innere. Für eine ruhige Grundstimmung sorgt das bestimmende Material Lärche, das fast überall massiv verarbeitet ist: als Wände, Einbauschränke und Türen, als Boden, Fenster oder Sitznische vor dem Atrium. Einen schönen Kontrast bildet das Material zu den Betondecken und -stützen, die dezent vom früheren Leben des Hauses  erzählen.
 

Primarschulhaus Martin Haffter, Weinfelden TG, 2022

Bauherrschaft: Primarschulgemeinde Weinfelden; Architektur: Isler Gysel, Zürich; Bauingenieur: Rolf Soller, Kreuzlingen; Holzbauingenieure: Pirmin Jung Schweiz, Sargans; Holzbau: Bornhauser, Weinfelden; Wiesli, Weinfelden; Kaufmann Oberholzer, Schönenberg an der Thur; Thurholz, Buhwil; Schreinerei: Fehlmann, Müllheim Dorf; Kasper, Weinfelden; Label Schweizer Holz (Gesamtkonstruktion, Fassade)
Bild Ladina Bischof/Prix Lignum 2024

 

Jeder Schulraum ist anders möbliert, anders genutzt, anders geschmückt. Zwei Lichthöfe erhellen das tiefe, dreigeschossige Gebäude. Eine zentrale Halle dient mal als offenes Zentrum, mal als geschlossene Aula. Holz ist im Schulhaus allgegenwärtig: innen und aussen, als Balken der Holz-Beton-Verbunddecke oder als Schreinerarbeit im Innenausbau. Das Schulhaus zeigt exemplarisch, wie aus einem sehr einfachen und robusten Holzbausystem komplexe, identitätsstarke und sehr zeitgemässe Räume entstehen können. Und es zeigt, dass regionale Holzbeschaffung auch bei einem grossen Bau funktioniert.
 

Siedlung Waldacker, St. Gallen, 2021

Bauherrschaft: Previs Vorsorge, Bern; Architektur: Oxid, Zürich; Holzbauingenieure und Holzbau: Renggli, Schötz
Bild René Dürr/Prix Lignum 2024

 

Kern der Siedlung ist ein Zwischenraum. Von zwei Wohnriegeln gebildet, führt dieser baumbestandene Aussenraum einen landschaftlichen Grünzug weiter. Die Zugänge aller 125 Wohnungen richten sich zu diesem Zwischenraum. Vom Architekturbüro als ‹Veranda-Erschliessung› bezeichnet, kombinieren sie die Einfachheit eines Laubengangs mit der Rückzugsmöglichkeit von privaten Aussenräumen. Ein gemeinsam genutzter Raum fördert die Gemeinschaft der Siedlung, ein Mobilitätskonzept reduziert zusammen mit der Holzbauweise ihre Treibhausgasemissionen. Die Siedlung Waldacker ist schweizweit der erste mit SNBS-Platin zertifizierte Holzbau.
 

Tagesbetreuung Hebel, St. Gallen, 2023

Bauherrschaft: Stadt St. Gallen; Architektur: Schaub Zwicky, Zürich; Bauingenieure: Gruner Wepf, St. Gallen; Holzbauingenieure: Solubois ZH, Winterthur; Holzbau: Egli Zimmerei, Oberhelfenschwil; Schreinerei: V. Burger, St. Gallen; Label Schweizer Holz für Tragwerk und Fassade
Bild Katalin Deér/Prix Lignum 2024

 

Hoch aufragend, aber mit kleinem Fussabdruck fügt sich der Neubau in den Bestand ein und teilt das Grundstück in unterschiedliche Aussenräume. Über drei geschwungene Betontreppen hat jedes Geschoss einen eigenen Zugang. Durch die aussenliegende Erschliessung sind die Raumfolgen im Innern grosszügig und flexibel nutzbar, haben vielfältige Ausblicke und sind optimal belichtet. Mit Ausnahme von Treppenhaus und Sockelgeschoss ist das Gebäude ein reiner modular aufgebauter Holzbau aus vorfabrizierten Wänden in Holzrahmenbau, mit Holz-Beton-Verbunddecken und einem Brettstapeldach. Nichttragende Trennwände sorgen langfristig für hohe Nutzungsflexibilität.
 

Hauptsitz Medisuisse, St. Gallen, 2022

Bauherrschaft: Ausgleichskasse Medisuisse, St. Gallen; Architektur: Studio Gugger, Basel; Bauingenieure: MWV Ingenieure, Baden; Holzbau: Erne, Laufenburg; Schreinerei: V. Burger, St. Gallen
Bilder Daisuke Hirabayashi/Prix Lignum 2024

 

Das Bürohaus steht am Rande der Altstadt von St. Gallen. Mit seinen sieben Geschossen ist es hoch, hat aber einen kleinen Fussabdruck. Für einen Holzbau sprachen deshalb drei Dinge: die Nachhaltigkeit, eine weitgehende Stützenfreiheit durch geringe Spannweiten sowie der schnelle Bauprozess. Die Bauplatzinstallation in der dicht bebauten Altstadt fiel minimal aus. Dank Vorfertigung und getakteter Montage gab es nur wenig Baustellenimmissionen, und die Bauzeit war kurz. Das Ergebnis: ein städtisches, brillant eingepasstes Gebäude, das die Kriterien des neuen Standards ‹Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS› erfüllt.
 

Sekundarschule Landhaus, Teufen AR, 2023

Bauherrschaft: Gemeinde Teufen; Architektur: Raumfindung, Rapperswil; Bauingenieure: Nänny + Partner, Teufen; Holzbauingenieure: Pirmin Jung Schweiz, Sargans; Holzbau: Kaufmann Oberholzer, Schönenberg; Schreinerei: Röthlisberger, Schüpbach/Rothmund, Lustmühle
Bild Ladina Bischof/Prix Lignum 2024

 

Die Stirnfassaden des grossen Schulhauses staffeln sich zurück und zeigen so dem Dorf schlanke Giebel. Auch das Schrägdach, diagonale Holzgitter und die sägerauen Fassadenbretter aus dem Gemeindewald sind um lokale Einpassung besorgt. Eine Ochsenblutlasierung unterstreicht den Auftritt und nimmt regionale Bautraditionen auf. Auch im Gebäudeinnern ist der Werkstoff Holz allgegenwärtig. Als Jahrgangscluster gruppieren sich Klassen- und Gruppenräume in den Obergeschossen um zentrale Begegnungsräume. Was im räumlichen Erleben komplex erscheint, zeigt sich im Plan als saubere Holzbaustruktur, die das Gebäude langlebig und nutzungsneutral macht.
 

Treppe im Haus Beuge, Näfels GL, 2022

Bauherrschaft: GAW Linth, Oberurnen; Entwurf: DOM, Mollis; Holzbau: Treppenbau.ch, Ganterschwil
Bild Hans Bühler/Prix Lignum 2024

 

Die gewundene Eichenholztreppe  liegt in einer historischen Raumschicht aus dem 17. Jahrhundert und verbindet als markantes Scharnier zwei Häuser sowie viele unterschiedliche Geschossebenen. Auf einer ovalen Grundform schmiegt sich die Treppe in den gegebenen Raum. Trotz ihrer spielerischen Form erfüllt sie die brandschutztechnischen Anforderungen. Ihre Staketen sind nach historischem Vorbild gedrechselt, erhalten aber durch die dynamische Spiralform der Treppe und die fast weich wirkenden Handläufe und Wangen eine surreale Note.
 

Tisch ‹Massello›, Heerbrugg SG, 2023

Entwurf: Andreas Bechtiger, St. Gallen; Schreinerei: Möbelmanufaktur 1980, Heerbrugg
Bild Alexander Bayer/Prix Lignum 2024

 

‹Massello› ist aus dem Stamm eines einzigen Nussbaums gefertigt. Holz, das nicht zersägt und wieder zusammengefügt ist. Der gerundete Übergang von den Beinen in die Platte und zurück macht sichtbar, dass es sich hier nicht um verleimtes Holz, sondern um Vollholz handelt. Doch wie ist es in diese Form gekommen? Dank einer alten, für die Tischherstellung untypischen Technik: dem Dampfbiegen. Bis zu 4 m lange Bretter werden zweifach gebogen, geschliffen und mit wenig Leim und ohne Metall mit den inneren Teilen der konischen Beine und der Unterkonstruktion verbunden. So spannt der Tisch nahtlos und leicht, aber stabil über eine Länge von 2,75 m. Eine elegante und harmonische Figur, eine Ode ans Handwerk.


Link www.prixlignum.ch