Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Sommer-Holzbulletin der Lignum: Hochhaus mit Holz

Das Bauen mit Holz erlebt einen eigentlichen Boom – und das in ganz neuen Dimensionen. In jüngster Zeit sind erste Hochhäuser mit Holz entstanden, und weitere stehen überall auf der Welt in Planung. Das neue ‹Holzbulletin› der Lignum stellt gebaute Projekte aus der Schweiz, aus Deutschland, Österreich und Frankreich vor. Es erscheint Ende Monat.

Lignum-Holzbulletin 135/2020 – Hochhaus
40 Seiten A4, vierfarbig
Erscheint Ende Juni 2020
Inhalt:
- S22, Suurstoffi-Areal, Risch-Rotkreuz
- Arbo, Suurstoffi-Areal, Risch-Rotkreuz
- HoHo, Seestadt Aspern, Wien (A)
- Wohnhochhaus Skaio, Heilbronn (D)
- Palazzo Méridia, Nizza (F)
Lieferbare Ausgaben des Lignum-Holzbulletins

 

Ein Hochhaus aus Holz? Geht das denn? Was bei einem Laienpublikum noch mehrheitlich ungläubiges Staunen hervorruft, ist mittlerweile Realität. Das zeigen die in dieser Holzbulletin-Ausgabe vorgestellten Beispiele aus der Schweiz, aus Österreich, Deutschland und Frankreich. Und sie sind nur ein Ausschnitt bereits realisierter Projekte in Kanada, Australien, England, den USA, Finnland oder Norwegen, das mit Mjøstårnet in Brumunddal mit 85,4 Meter Höhe den derzeitigen Rekord für das höchste Hochhaus in Holz hält. In der Fachwelt ist das Interesse an dieser Bauaufgabe gross, wie der ausgebuchte Workshop zu Arbo, dem aktuell höchsten Hochhaus in Holzhybridbauweise der Schweiz, im Rahmen des Swissbau-Focus 2020 gezeigt hat.

Der 60 Meter hohe Bau auf dem Suurstoffi-Areal zeigt exemplarisch, was die Bedingungen sind, um ein solches Projekt zu realisieren: Zum einen eine engagierte Bauherrschaft, die auf das Material Holz setzt, nicht zuletzt aus Gründen der Nachhaltigkeit, aber auch, weil sich mit dem Baustoff Holz Termine gut einhalten und Bauzeit einsparen lässt. Zum anderen Architekten, Ingenieure und Holzbauunternehmen, welche gestalterisch und technisch nach überzeugenden und innovativen Lösungen für die jeweilige Bauaufgabe suchen, auch in Kooperation mit Forschungspartnern der ETH oder der Fachhochschulen.


Pi in Zug, H1 in Regensdorf

Neben Arbo und dem ersten Hochhaus in Holzbauweise der Schweiz überhaupt, dem S22 – ebenfalls von Zug Estates auf dem Suurstoffi- Areal realisiert – sind weitere Hochhausprojekte mit Holz als Konstruktionsmaterial in Planung, in der Schweiz, aber auch weltweit. Denn das Bauen mit Holz erlebt einen eigentlichen Boom – und dies neuerdings in ganz anderen Dimensionen. Mit dem Projekt Pi plant die V-ZUG Immobilien ein Wohnhochhaus mit Holz von 80 Meter Höhe, das mitten in Zug preisgünstiges Wohnen schaffen soll.

Der Entwurf von Duplex Architekten schlägt eine Vielfalt an Wohnungstypologien vor, die erst durch das innovative Tragwerkskonzept und die konsequente Trennung von Primär- und Sekundärstruktur möglich wird: Tragend werden zwei ineinandergesteckte Röhren ausgebildet. Dieses ‹Tube-in-Tube-Prinzip› ist den berühmten Stahlrahmenkonstruktionen aus dem Chicago der 1950er Jahre nachempfunden und wird in eine zukunftsorientierte Konstruktion aus Holz übersetzt.

Ein weiteres Hochhaus mit Holz, das in der Planung bereits weit fortgeschritten ist, soll in Regensdorf entstehen: Hier entwickelt Pensimo Management als Eigentümer- und Bauherrenvertreterin auf dem Areal Zwhatt das Hochhaus H1. Der Holzhybridbau von Boltshauser Architekten soll dereinst 150 Wohnungen umfassen. Das Spektrum reicht von nutzungsneutralen Typologien bis zu Maisonettewohnungen. Geplant ist eine Konstruktion, bei der Erschliessungskern und Sockelgeschoss in Beton und die Geschossdecken in einem Holz-Beton-Verbund erstellt werden. Die tragenden Stützen und Unterzüge werden aus Holz realisiert.


Cham: Holz-Hochhaus im Doppelpack

Auf dem Chamer Papieri-Areal der Cham Immobilien sind gleich zwei Hochhäuser in Holz geplant: Die beiden Entwürfe stammen von den Luzerner Büros Rüssli Architekten sowie Konstrukt Architekten, die im Rahmen des kürzlich entschiedenen Studienauftrags ausgewählt wurden. Und auch die Forschung hat sich des Themas angenommen: Das Kompetenzzentrum Typologie und Planung in Architektur (CCTP) der Hochschule Luzern hat gemeinsam mit Forschungspartnern aus der Baubranche das Potential von Holzhybridhochhäusern untersucht.

Im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts haben sie das horizontal und vertikal flexible ‹Modul17› entworfen, das zu fast 90 Prozent aus Holz besteht und sich an unterschiedliche Stadtstrukturen anpasst. Die Publikation ‹Modul17›. Hochhaustypologie in Holzhybridbauweise› präsentiert die Ergebnisse. Die Sendung ‹Echo der Zeit› hat kürzlich darüber berichtet (siehe gesonderten Beitrag von heute Montag im Lignum Journal online).


Holzberge für die Niederlande

Nicht nur in der Schweiz, auch überall auf der Welt werden Hochhäuser in Holzbauweise errichtet oder stehen in Planung. In dieser Ausgabe stellen wir mit den Projekten HoHo (Wien), Skaio (Heilbronn) und Palazzo Méridia (Nizza) drei bereits realisierte Beispiele aus dem europäischen Ausland vor. Dass bei der Planung eines Hochhauses immer auch der mögliche Höhenrekord im Blickfeld liegt, zeigen geplante Projekte, die weit über 100 Meter Höhe als Ziel haben. So beispielsweise die Dutch Mountains in Eindhoven.

Der Entwurf des Rotterdamer Architekturbüros Studio Marco Vermeulen sieht Büros, Kurzzeitwohnungen und Hotels als Nutzung vor. Die beiden Türme sollen 110 und 150 Meter hoch werden und voraussichtlich mit Brettsperrholz (CLT) realisiert werden. Ebenfalls über 100 Meter Höhe soll der Canada Earth Tower in Vancouver erreichen, und das japanische Holzbauunternehmen Sumitomo Forestry hat den Ehrgeiz, bis 2041 in Tokio einen hölzernen Wolkenkratzer von 350 Metern zu bauen.

Damit solche Bauvorhaben realistisch werden, braucht es nicht zuletzt technische Innovationen und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen: Denn mit Holz unbegrenzt in die Höhe zu bauen, ist in der Schweiz beispielsweise erst seit 2015 machbar. So gesehen, scheint für die Zukunft vieles möglich – auch, was bis vor kurzem für den Holzbau noch undenkbar schien.


Jutta Glanzmann
Technische Kommunikation Lignum