St. Galler Theaterprovisorium geht nach Ingoldstadt
Theaterprovisorium in St. Gallen
Bilder Jan Thoma, Abtwil/Blumer-Lehmann AG
Ende Juni hat das Hochbauamt St. Gallen die Erneuerung des St. Galler Stadttheaters nach knapp drei Jahren Bauzeit abgeschlossen – ein halbes Jahr später als geplant und mit happigen Mehrkosten. Doch das rückt jetzt alles in den Hintergrund: Am Sonntagabend steigt die Eröffnungspremiere ‹Lili Elbe›, ein Werk des amerikanischen Komponisten Tobias Picker und des Librettisten Aryeh Lev Stollman, das im Auftrag von Konzert und Theater St. Gallen entstanden ist.
Am Sonntagvormittag hat die Bevölkerung die Möglichkeit, das auf Vordermann gebrachte Gebäude bei einem Tag der offenen Tür zu erkunden. Das Theater ist ein Bau des Zürcher Architekten Claude Paillard von 1968, der als Vorzeigestück moderner Theaterarchitektur gilt. Das Hochbauamt erneuerte die Gebäude- und Betriebstechnik und beseitigte energetische Schwachstellen. Umstrukturierungen schaffen die Voraussetzung für einen zeitgemässen Theaterbetrieb.
Provisorische Spielstätte für drei Jahre
Im Park neben der Tonhalle in St. Gallen entstand 2020 mit Blick auf die mehrjährige Sanierungszeit ein temporäres Theater aus 350 m3 Holz für 500 Zuschauerinnen und Zuschauer – 50 m lang und 26 m breit. Zwei Spielsaisons lang fanden auf der provisorischen Bühne die Aufführungen des Stadttheaters St. Gallen statt. Die Gossauer Holzbaufirma Blumer-Lehmann AG realisierte das Projekt der St. Galler Gähler Flühler Fankhauser Architekten als Totalunternehmerin.
Als Fundament dient eine Holzunterkonstruktion, die punktuell auf die Decke der bestehenden Tiefgarage installiert wurde. Darauf wurde der Holzelementbau errichtet. Die Holzbauarbeiten nahmen 2020 insgesamt 14 Wochen – von Mitte April bis Ende Juli – in Anspruch. Mitte September war der temporäre Theaterbau mit Bühne, Orchestergraben, Foyer, Galerie, Lager und Aufenthaltsraum für die Künstler bezugsbereit. Von Anfang an war die Idee, dass das Provisorium nach seinem Einsatz nicht entsorgt, sondern andernorts wiederaufgebaut wird.
Umzug nach Bayern bekräftigt
Nach Abschluss der Sanierung des St. Galler Stadttheaters war allerdings weit und breit kein Abnehmer in Sicht, nachdem sich Interessenten wie die Gemeinden Goldach und Altstätten wieder zurückgezogen hatten. Doch nun ist es plötzlich soweit: Anfang Oktober hat eine grosse Delegation aus Ingolstadt das Holztheater in St. Gallen besichtigt und für gut befunden. Am 17. Oktober hat der Ingolstädter Stadtrat entschieden, es als Geschenk anzunehmen und als Ersatzspielstätte zu nutzen.
Zuvor hatten bereits der Kultur- und der Stadtentwicklungsausschuss sowie der Finanzausschuss dafür gestimmt. Der Bau selber ist zwar ein Geschenk, die Stadt Ingolstadt muss allerdings die Kosten für den Ab- und Aufbau sowie den Transport in Höhe von voraussichtlich rund EUR 6 Mio. aufbringen. Als Standort ist das Gelände des ehemaligen Hallenbads in Ingolstadt angedacht.
Links https://theater.ingolstadt.de | https://gffarch.ch | www.blumer-lehmann.com