Stickstoff lässt Waldpflanzen nach Westen wandern

Pflanzen im Unterwuchs von europäischen Wäldern breiten sich vor allem nach Westen aus, nicht nach Norden. Im Bild ein Lerchensporn.
Bild Markus Bolliger
Die letzten Herbst im Fachjournal ‹Science› veröffentlichte Studie liefert neue Einsichten dazu, wie Stickstoffeintrag die Biodiversität beeinflusst. Bisher geht die ökologische Forschung davon aus, dass steigende Temperaturen viele Arten in kühlere, nördlichere Gebiete drängen werden. Die neue Studie deckt nun auf, dass eine Verschiebung nach Westen 2,6-mal wahrscheinlicher ist als eine nordwärts gerichtete.
Die Studie analysierte unter Beteiligung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL die Verbreitungsverschiebungen von 266 Waldpflanzenarten in Europa über mehrere Jahrzehnte, wobei die ersten Messungen an einigen Standorten bereits 1933 vorgenommen wurden. Das Ergebnis in Kürze: Europäische Waldpflanzen verschieben ihre Verbreitung mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 3,56 km pro Jahr. 39% der Pflanzenarten wandern nach Westen. Nur 15% der Arten zeigen eine nordwärts gerichtete Ausbreitung.
Als Haupttreiber identifiziert das von der Universität Gent geleitete Forschungsteam hohe Stickstoffeinträge durch atmosphärische Verschmutzung, etwa durch Verkehr und Düngemittel. Sie begünstigen eine rasche Ausbreitung von stickstofftoleranten Pflanzenarten, hauptsächlich aus Osteuropa. Die Ansiedlung dieser hochgradig konkurrenzfähigen Arten in Gebieten mit hoher Stickstoffbelastung erfolgt oft auf Kosten spezialisierterer Pflanzenarten.
Link www.wsl.ch