Studie zu Rückbau und Wiederverwendung von Holzbauten
Holzbauten können ausserordentlich langlebig sein, wie viele alte Zweckbauten im ländlichen Raum und jahrhundertealte Wohnhäuser nachweisen. Im Bild eine traditionelle Stallkonstruktion in Vals.
Bild Michael Meuter, Zürich
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Baustoffe wie Holz beim Rückbau eines Hauses selbstredend wiederverwendet. Antike Tempel dienten nach dem Zerfall als Steinbruch für neue Bauten, und jeder Balken eines abgebrochenen Dachstuhls wurde beiseite gelegt und eingesetzt, wo er wieder passte. Kurz: Alles verbaute Material war von Wert, auch wenn es bereits gebraucht worden war. Die industrielle Revolution führte zu einem Paradigmenwechsel. Man begann im Sinne von ‹schneller, mehr und günstiger› zu bauen – und Bauprodukte immer neu bereitzustellen. Dies wird bis heute bevorzugt.
Kreislaufwirtschaft noch in den Kinderschuhen
Das Potential für die Wiederverwendung von Materialien und Bauteilen wird auch bei modernen Holzbaukonstruktionen erst zu einem geringen Teil ausgeschöpft. Bauteile und Baustoffe werden am Ende des Lebenszyklus eines Gebäudes oft nicht weiterverwendet, sondern thermisch verwertet oder dem Recycling in Spanplatten zugeführt. Für die beiden Studienautoren Daniel Müller und Dan Moser von Pirmin Jung Schweiz AG ergaben sich daraus folgende Fragestellungen: Was sind die Faktoren, um den Holzbau in eine Kreislaufwirtschaft zu führen? Was muss sich ändern, damit die im Holzbau verwendeten Materialien und Bauteile effizient rückgebaut und noch einmal gebraucht werden können? Und: Wie ist ein Holzbau zu planen, damit die Bauweise noch nachhaltiger wird?
Die beiden Autoren betonen in ihrem Fazit, es müssten bestimmte Massnahmen bereits in der frühen Planungsphase berücksichtigt werden, um die Wiederverwendung von Bauteilen und Materialien im Holzbau zu ermöglichen. Je mehr Massnahmen zu Beginn des Projekts ergriffen würden, desto mehr lasse sich langfristig erreichen. Besonders stark ist der Einfluss des Planungspersonals auf das Konzept des Rückbaus und der Wiederverwendung im Holzbau. Um den Gedanken der Wiederverwendung an die Bauherrschaft heranzutragen, müssten die Vorteile einer auf die zukünftige Verwendung von Materialien ausgerichteten Planung vermittelt werden.
Grundregeln und Entwicklungsmöglichkeiten
Je einfacher die Konstruktion, desto grösser ist ihr Potential zur Wiederverwendung und desto geringer ist der Aufwand in den Phasen des Rückbaus, der Logistik, der Lagerung und des Wiederaufbaus. Die Studienautoren plädieren ausserdem dafür, ein besonderes Augenmerk auf die Schichtentrennung zu legen und auf den Einsatz einfacher und reversibler Montagesysteme zu achten. Bei der Auswahl der verwendeten Materialien sollen eine gute Qualität, lange Lebensdauer, geeignete Dimensionen und gute Rückbaubarkeit angestrebt werden.
Aktuelle Instrumente wie die SIA 2032-Normen oder die Labels Minergie-Eco/SNBS berücksichtigen dieses Konzept aus Sicht der Studienautoren noch nicht ausreichend. Um die Wiederverwendung im Holzbau zu fördern, sollten Labels die Massnahmen im Sinne des Rückbaus und der Wiederverwendung im Planungsprozess berücksichtigen, schlagen sie vor. ‹Darüber hinaus sollte die Norm SIA 2032 in der Lage sein, entweder die Amortisationszeiten von Materialien zu verlängern oder den geringeren Anteil an grauer Energie und Treibhausgasemissionen bei der Wiederverwendung von Materialien zu berücksichtigen. Eine Normung in diesem Bereich wäre wünschenswert und würde unterstützend wirken.›
Link Studie ‹Rückbau und Wiederverwendung von Holzbauten› (PDF, 3.84 MB)