Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Studio Mumbai: Lektion aus Indien

Der Architekt Bijoy Jain verbindet mit seinem ‹Studio Mumbai› indische Handwerkskunst mit moderner Architektur. Eine sehenswerte Ausstellung für Holzinteressierte in Lausanne.

 

Palmyra House, 2007

 

Links: Aussenansicht des aus zwei Flügeln bestehenden Palmyra-Hauses (Nandgaon, Maharastra). Der Bau fügt sich in die gewachsene Umgebung ein. Sonnenschutz wird mit einfachen, aber wirksamen Mitteln erzielt. Rechts: Zwischen den beiden Flügeln ist ein kleiner Pool eingebettet. Gut sichtbar sind hier die hohen Wände mit aufschiebbaren Holzpaneelen.

 

Bilder © Studio Mumbai

 


Der indische Architekt Bijoy Jain sucht mit seinem Studio einen neuen Weg. Er schafft Architektur aus der direkten Erfahrung mit dem Ort, mit gegebenen Materialien und mit seinem Formwillen entsprechender Handwerkskunst. Wie bereits an der Architekturbiennale Venedig hat er einen Teil seiner Materialiensammlung, seiner Modelle und Prototypen in die Schweiz gebracht, um im Ausstellungsraum ‹Archizoom› der ETH Lausanne die Atmosphäre seines Studios in Mumbai aufleben zu lassen. Kein Architekturbüro im herkömmlichen Sinn, sondern vielmehr ein Konstruktionslaboratorium mit einem klaren Schwerpunkt auf Holz.

 

‹Wesentlich ist mir, laufend und Tag für Tag die kleinen Dinge möglichst gut zu machen. Das ist ein langwieriger Prozess.› So erläutert Bijoy Jain die Arbeitsweise seines Studios. Er will das Wesen eines Bauvorhabens erfassen, bevor er es in Planform festhält. ‹Weshalb faszinieren uns die alten Meister?› fragt er und gibt auch gleich eine Antwort: ‹Vielleicht weil wir es verlernt haben, die Dinge mit einer gewissen Disziplin anzugehen.›

 

Eine veritable Bauhütte

 

Seine Ausbildung hat Bijoy Jain (*1965) in Universitäten der USA und bei seiner Arbeit in Architekturbüros in Los Angeles, so bei Richard Meier, erworben. Er machte sich in London selbständig und übersiedelte danach wieder nach Indien.

 

Mit seinem Studio in Mumbai lebt Bijoy Jain seit Jahren vor, was er mit der Verbindung heutigen Formwillens mit herkömmlichem Handwerk meint. Es gibt dort keinen Chefentwerfer und keine Scharen von Architekten und Assistenten, die am Bildschirm kleben und am Telefon hängen. Das Team, welches die Konzepte entwirft, besteht aus ihm selbst und dem Architekten Samuel Barclay, einem Amerikaner, der vor fünf Jahren zu ihm gestossen ist.

 

Dazu kommen als leitende Handwerker der Zimmermann Jvaram Sutar, der Maurer Pandurang Malekar und Bhaskar Raut, ein ebenfalls im traditionellen Maurerhandwerk ausgebildeter Fachmann, der sich noch dazu in weiteren Bereichen Kenntnisse erworben hat, besonders im Schreinerhandwerk. Weiter arbeitet eine Schar von Handwerkern mit: Zimmerer, Maurer, Schreiner, Tischler, Schlosser, Schmiede, Spengler usw., insgesamt rund 150 Beschäftigte.

 

Das Studio Mumbai produziert selbstverständlich auch Pläne – von Hand oder am Computer gezeichnet. Es sind wenige, aber sie müssen sein, denn genauso wie hierzulande sind Bauvorhaben den indischen Behörden zu unterbreiten und genehmigen zu lassen. Einzig das Vorgehen ist beim Studio Mumbai anders. Vor der abstrahierenden Planung auf Papier werden mit kleinen Holzmodellen Baukonzepte erprobt, werden mit grösseren Modellen Details entwickelt, und es stehen auch Prototypen bereit, die bei der Realisierung als Vorgabe für die Ausführenden dienen.

 

Dazu kommen mit einem Nummernsystem versehene Stücklisten der Konstruktionselemente, vergleichbar mit jenen, die auch unsere Zimmerleute noch vor wenigen Jahren angewendet haben. Gebaut wird mit den eigenen Handwerkern, denn sie kennen die Ansprüche des Studios und erfüllen die Vorgabe: Heutige Architektur mit hergebrachter Handwerkskunst realisieren.

 

Lohnende Werkschau in Lausanne

 

Im ‹Archizoom› ist noch bis 23. April ein umfassender Einblick in diese Architekturwerkstatt zu sehen. Die Exponate entsprechen in weiten Teilen dem, was an der Architekturbiennale 2010 in Venedig zu sehen war: Kleine Architekturmodelle, Modelle von Detaillösungen, etwa Treppen, Lichtöffnungen usw., Material- und Farbmuster, Werkzeuge, Prototypen für Bauteile und Holzverbindungen, Mobiliar. Ein kleiner Videobildschirm zeigt in Momentaufnahmen und Filmclips die Arbeitsweise im Studio Mumbai und auf Baustellen, die über das ganze Land verteilt sind.

 

Studio Mumbai hat bisher eher kleine Bauvorhaben realisiert – Privatresidenzen, Umbauten und auch ein Resort in der Gegend des indischen Himalaya. Bijoy Jain führt aus, er sei der Meinung, dass er dies mit seinem Studio eben gut bewältigen könne, ohne Abstriche bei der Qualität machen zu müssen: Qualitätsmassstäbe, die sich Bijoy Jain selber setzt und nicht von aussen aufdrängen lässt.

 

 

Was wann wo


Die Ausstellung ‹Work-Place – Studio Mumbai› ist noch bis 23. April 2011 im ‹Archizoom› der Ecole Polytechnique Fédérale in Lausanne zu sehen. Montag bis Freitag von 9.30 bis 17.30 Uhr, Samstag 14 bis 18 Uhr, Eintritt frei.

 

Adresse: Archizoom EPFL ENAC, SG 1231, Station 15 (Ecublens). Ab Bahnhof Lausanne SBB mit der M2 eine Station Richtung Flon, umsteigen auf die M1 Richtung Ecublens bis Station EPFL (Rund 10 Minuten).

 

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der Arbeiten des Studios Mumbai und auch die Ausstellung im ‹Archizoom› auf 64 Seiten dokumentiert. Format 21x30 cm, farbige Abbildungen, Texte in Französisch und Englisch. Verkaufspreis 30 Franken.

 


Link http://archizoom.epfl.ch