Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Vorstoss in Bern: Kaskadennutzung von Holz stärken

Lignum-Präsident Jakob Stark (SVP/TG) hat am 15. Juni im Ständerat eine Interpellation eingereicht, die den Bundesrat auffordert, die aktuelle Situation auf dem Energieholzmarkt im Hinblick auf die Nutzung der Ressource Holz nach dem Kaskadenprinzip zu beurteilen. Die Holzindustrie sei auf eine ausreichende Versorgung mit sägefähigem Rohstoff angewiesen, was bei einer übermässigen Holzenergienutzung nicht mehr gewährleistet sei.

Bild Parlamentsdienste

 

Die Holzenergie gehöre neben der Wasserkraft und der Solarenergie zu den wichtigsten erneuerbaren Energiequellen der Schweiz, ihre Bedeutung sei grundsätzlich unbestritten, erklärt der Interpellant. Seit 2020 nehme die Nachfrage nach Energieholz aus verschiedenen Gründen jedoch sehr stark zu. Das entsprechende Monitoring des BAFU zeige, dass mit der Realisierung aller geplanten neuen Holzfeuerungen und dem Ausbau der bestehenden Holzenergieanlagen das ökologisch und ökonomisch sinnvolle Energieholzpotential innert kurzer Zeit ausgeschöpft sein werde.

Im gleichen Ausmass wie die Nachfrage stiegen auch die Preise für Energieholz aus dem Wald. Das führe einerseits dazu, dass qualitativ hochwertige Holzsortimente, welche früher zunächst stofflich als Rohstoff für die einheimische Holzindustrie und den Holzbau genutzt worden seien, immer öfter direkt der energetischen Nutzung zugeführt würden. Das schmälere die Rohstoffbasis der Holzindustrie. Es sei aber auch zu befürchten, dass die Versorgung bestehender Holzenergieanlagen angesichts des starken Preisanstiegs kritisch werde. 

Stark will vom Bundesrat deshalb wissen, wie er die aktuelle Situation auf dem Energieholzmarkt im Hinblick auf die gewünschte Nutzung nach dem Kaskadenprinzip – so lange wie möglich so hochwertig wie möglich stofflich und erst zuletzt energetisch – beurteilt und inwiefern er die Gefahr erkennt, dass stark und rasch ansteigende Energieholzpreise die Versorgung der Holzindustrie und bestehender Holzenergieanlagen beeinträchtigen könnten. Zudem fragt Stark, welche Massnahmen geeignet wären, um ein unkontrolliertes Wachstum der Nachfrage nach Energieholz zu verhindern.


Noch mehr Ausbau bei der Holzenergie?

Andere fordern derweil in Bern unverdrossen weitere Förderung für die energetische Nutzung von Holz. So hat Daniel Ruch (FDP/VD) ebenfalls am 15. Juni im Nationalrat seine Motion ‹Bauen wir die Waldbewirtschaftung aus und nutzen wir Holz, eine unserer erneuerbaren Energiequellen, in all seinen Formen, um von den fossilen Energien loszukommen›, lanciert.

Sie will den Bundesrat beauftragen, in Zusammenarbeit mit der Wald- und Holzwirtschaft, den Kantonen und anderen betroffenen Sektoren konkrete finanzielle Massnahmen zur Förderung der Nutzung von regionalem Holz als Biomasse zu schaffen. Der Bundesrat solle Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern eine finanzielle Unterstützung zusichern, die der Menge des gewonnenen Energieholzes entspricht.

Angesichts der gegenwärtigen Energiekrise sei es von zentraler Bedeutung, dass die Schweiz ihr eigenes Potential voll ausschöpfe, so Ruch. Es verstehe sich von selbst, dass die Waldbewirtschaftung in der Schweiz somit rasch ausgebaut werden müsse, damit mehr Energieholz genutzt werden könne. Die Bewirtschaftung vieler Waldgebiete erfordere jedoch kostspielige technische Mittel. Diese Kosten bremsten den Ausbau der Waldbewirtschaftung. Der Bund müsse deshalb zu einer Verbesserung beitragen.


Nachrechnen in den Kantonen

Die Schweizer Forststatistik 2022 zeigt ein neues Hoch beim Energieholz. 2,1 Mio. m3 wurden im vergangenen Jahr geerntet, was einer Zunahme von mehr als 7% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Energieholz macht damit über 40% des gesamten Holzeinschlags aus. In den letzten 20 Jahren hat sich sein Anteil beinahe verdoppelt. Das Volumen von Industrieholz ging im Vergleich zum Vorjahr dagegen markant zurück (–12%); sein Anteil an der gesamten Holzernte fiel letztes Jahr unter die 10%-Marke.

Im Zusammenhang mit der massiven Steigerung der Nachfrage nach Energieholz begann Holzenergie Schweiz in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftlichen Landesversorgung bereits 2021, den Überblick über die aktuelle Nutzung, das vorhandene Potential sowie geplante Holzenergieprojekte in den Kantonen und Regionen zu vertiefen. Im vergangenen Herbst erteilte das Bundesamt für Umwelt BAFU Holzenergie Schweiz den Auftrag, mittels eines Monitorings die aktuelle Situation von Nachfrage und Angebot detailliert abzubilden sowie deren zukünftige Entwicklung vorwegzunehmen.

Verschiedene Kantone haben nachgerechnet und setzen mittlerweile ein Fragezeichen hinter den Ausbau der Holzenergie. So ist etwa der Kanton Freiburg zum Schluss gekommen, dass das regional verfügbare Holzaufkommen auf mittlere Frist nicht mehr reichen wird, wenn alle derzeit geplanten Holzfeuerungsanlagen tatsächlich realisiert werden. Der Kanton Glarus hat erkannt, dass es für die Versorgung zusätzlicher Holzenergieanlagen mit Energieholz nötig sein wird, Holz aus anderen Kantonen und Regionen einzuführen oder aber es eine Sortimentsverschiebung hin zum Energieholz vorzunehmen. (Lignum Journal online vom 16.6.2023).


Ressourcennutzung optimieren

Eine Reflexionspause beim weiteren Ausbau der Holzenergie scheint deshalb sinnvoll. Das ‹White Paper Wood›, das Resultate des mehrjährigen Energieforschungsprogramms ‹Biomass for Swiss Energy Future› des Bundes zusammenfasst, geht noch weiter. Es hält fest, dass künftig nicht einfach nur Energie in Form von direkt erzeugter Wärme erzeugt werden sollte, wie es bisher überwiegend geschieht, sondern auch in Form von Elektrizität und Treibstoffen (Lignum Journal online vom 21.4.2023).

Doch auch am Grundsatz des Mehrfachgebrauchs von Holz gelte es noch vermehrt zu arbeiten, stellen die Autorinnen und Autoren des Berichts kritisch fest. In der Schweiz fehlten Verarbeitungskapazitäten für die Nutzung der geringwertigeren Holzsortimente, weil die klassischen Holzindustrien – Zellstoff, Papier, Holzwerkstoffe – aus wirtschaftlichen Gründen weitgehend aus der Schweiz verschwunden seien. In Zukunft könnten jedoch Bioraffinerien neue Möglichkeiten für die stoffliche Nutzung von minderwertigem Holz bieten, so der Bericht.

Der Bundesrat stellt sich in seiner Antwort auf die Interpellation Stark auf den Standpunkt, letztlich entscheide die Zahlungsbereitschaft der Konsumentinnen und Konsumenten, welchem Verwertungskanal das Holz schliesslich zugeführt werde. Die Versorgung der bestehenden Holzenergieanlagen und der Holzindustrie hält er aktuell für ausreichend gesichert. In der Antwort auf die Motion Ruch erklärt der Bundesrat eine stärkere Priorisierung der Nutzung von Schweizer Holz als Energieholz jedoch für nicht sinnvoll, da dies dem Grundsatz der Kaskadennutzung zuwiderlaufen würde. Holz solle möglichst ressourceneffizient mit Priorisierung der grössten Wertschöpfung und CO2-Bindung verwendet und erst am Ende der Wertschöpfungskette zur Energiegewinnung genutzt werden.


Links Ip Stark 23.3839 Kaskadennutzung von Holz | Mo Ruch 23.3733 Holzenergie | White Paper Wood 2023 (PDF, 3.54 MB)