Wallenberg-Preis geht an Konzept für Textilfasern auf Holzbasis
V.l.n.r.: Mikael Hannus, Marcus-Wallenberg-Stiftung, Herbert Sixta, Aalto-Universität, Ilkka Kilpeläinen, Universität Helsinki, und Johanna Buchert, Marcus-Wallenberg-Stiftung.
Bild Mikko Raskinen Aalto-Universität
Die Nachfrage nach Textilfasern steigt aufgrund des weltweiten Bevölkerungswachstums. Es wird erwartet, dass die Produktion von Baumwolle, der am häufigsten verwendeten Zellulosefaser für Textilien, nicht mit der Nachfrage Schritt halten kann. Daher sind Zelluloseregeneratfasern eine hervorragende Ergänzung für Baumwolle, da diese Fasern ähnliche Eigenschaften aufweisen.
Die wichtigsten Verfahren zur Herstellung von Textilfasern aus Zelluloseregeneratfasern sind das Viskoseverfahren, bei dem die Zellulose mit Hilfe von Alkali und Schwefelkohlenstoff aufgelöst wird, und das Lyocell-Verfahren, bei dem N-Methylmorpholin-N-Oxid (NMMO) zum Auflösen der Zellulose verwendet wird.
Das Viskoseverfahren ist jedoch aufgrund des Einsatzes von giftigem Schwefelkohlenstoff als Hauptreagenz umweltpolitisch umstritten. Das Lyocell-Verfahren hingegen erfordert aufgrund der Instabilität des Lösungsmittels NMMO stabilisierende Zusätze, die aber im Einzelfall nicht ausreichend sein können.
Entwicklung geeigneter ionischer Flüssigkeiten
Diese Herausforderungen haben umfangreiche Forschungen über verschiedene direkte Lösungsmittelsysteme für Zellulose angeregt. Ionische Flüssigkeiten haben als umweltfreundliche Alternativen für organische Lösungsmittel in verschiedenen Verfahren an Interesse gewonnen. Darunter versteht man Salze, die einen Schmelzpunkt unter 100 °C aufweisen und einen niedrigen Dampfdruck, hohe thermische Stabilität und ein hohes Lösungsvermögen für verschiedene organische und anorganische Stoffe aufweisen.
Zellulosefasern aus Holz mit hoher technischer Qualität wurden von zwei Forschungsteams in Finnland, an der Universität Helsinki und an der Aalto-Universität, erarbeitet. Im Rahmen dieses Konzepts wurden das Design und die Verwendung neuartiger ionischer Superbase-Flüssigkeiten für die Verarbeitung von Zellstoff zu Hochleistungstextilfasern entwickelt. Das Verfahren wird derzeit für die Aufskalierung getestet.
Das Team unter der Leitung von Professor Kilpeläinen an der Universität Helsinki entwickelte ionische Flüssigkeiten mit einer organischen Superbase als Kation, die sich gut als Lösungsmittel für ungebleichte und gebleichte Zellstoffe oder zellulosehaltige Textilabfälle eignen. Professor Sixta und sein Team an der Aalto-Universität entwickelten das auf diesen ionischen Flüssigkeiten basierende Faser- und Filmformungsverfahren auf der Grundlage des Luftspalt-Spinnverfahrens.
Grosses neues Geschäftsfeld für die Forstindustrie
Der Marcus-Wallenberg-Preis ist ein internationaler Preis mit dem Ziel, bahnbrechende wissenschaftliche Leistungen anzuerkennen, zu fördern und anzuregen, die wesentlich zur Erweiterung des Wissens und zur technischen Entwicklung in Bereichen beitragen, die für die Forstwirtschaft und die Forstindustrie von Bedeutung sind.
‹Auf der Grundlage dieses neuartigen Konzepts der Textilfaserproduktion aus Holz dürfte eine Vielzahl neuer Produkte und Geschäftsmöglichkeiten für die Forstindustrie hervorgehen›, sagt Johanna Buchert, Vorsitzende des Auswahlkomitees für den Marcus-Wallenberg-Preis. Der Preis 2022 wird Ilkka Kilpeläinen und Herbert Sixta im Oktober in Stockholm überreicht.
Ilkka Kilpeläinen ist seit 2003 ist Professor für organische Chemie an der Universität von Helsinki. Er ist ausserdem Vorstandsvorsitzender der Liuotin Group Oy, eines Entwicklungs-Spin-offs, das sich mit der Herstellung ionischer Flüssigkeiten im grossen Massstab beschäftigt. Der gebürtige Österreicher Herbert Sixta lehrt seit 2007 an der Aalto-Universität; er war Leiter der Abteilung für Bioprodukte und Biosysteme.
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