Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Was bringt Waldwildnis in Europa für das Klima?

Ein Team von Wissenschaftlern aus dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena ist der Frage nachgegangen, welcher Umgang mit der Ressource Wald unter mitteleuropäischen Verhältnissen die effizienteste Option für den Klimaschutz ist. Ihre Arbeit vergleicht den Nutzen einer nachhaltig bewirtschafteten Waldlandschaft in Europa mit dem einer potentiellen Waldwildnis-Landschaft. Ihre Folgerungen sind für die aktuelle Diskussion in der EU von Bedeutung.

Bild Michael Meuter, Zürich

 

Die geplante Neuauflage der EU-Forststrategie sorgt in der Wald- und Holzwirtschaft verschiedener EU-Länder für Unruhe. Denn sie soll die Verschiebung nationaler Kompetenzen in Richtung EU zur Stärkung der Biodiversität und die Ausweisung nutzungsfreier Gebiete auf 30% der Landfläche beinhalten. Die Anrechnung der Holzentnahme als CO2-Schuld im Bereich Landnutzung und Forstwirtschaft sowie die hohen CO2-Minderungsziele könnten dazu führen, dass die Holznutzung in Europa mittelfristig heruntergefahren werden müsste, so die Befürchtung der Holzbranche.

Die politischen Stossrichtungen scheinen wenig kohärent. Zum einen sollen nach Biodiversitätsstrategie mehr Flächen für die Artenvielfalt aus der forstwirtschaftlichen Nutzung gestellt werden, andererseits wird das Holz als nachwachsende Rohstoffbasis für die Bioökonomie und als Baustoff für das Europäische Bauhaus und die langfristige Kohlenstoffspeicherung benötigt. Der Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates DFWR, Georg Schirmbeck, spricht im Zusammenhang mit der EU-Waldstrategie von ‹Klimaschutz ohne Sinn und Verstand›. Die Vorschläge seien unausgewogen und konterkarierten sich.

Doch was bringt es dem Klima tatsächlich, wenn der europäische Wald holzwirtschaftlich nicht angetastet wird? Schneidet diese Strategie besser ab als die nachhaltige Waldbewirtschaftung? Kurz zusammengefasst kommen die Jenaer Wissenschaftler zu einem gegenteiligen Schluss: Nachhaltig bewirtschafteter Wald hilft mit der Bereitstellung von Holz Emissionen aus fossilen Brennstoffen vermeiden, während nicht bewirtschafteter Wald durch die Speicherung von Kohlenstoff im Ökosystem zwar Emissionen aus fossilen Brennstoffen kompensiert, aber nicht dazu beiträgt, fossile Brennstoffe einzusparen. Der Hauptautor des Artikels, Prof. Ernst-Detlef Schulze, ist einer der führenden Ökosystemforscher in Deutschland.


Schulze ED., Rock J., Kroiher F., Egenolf V., Wellbrock N., Irslinger R., Bolte A., Spellmann H. (2021) Klimaschutz mit Wald: Speicherung von Kohlenstoff im Ökosystem und Substitution fossiler Brennstoffe. Biol Unserer Zeit 51(1):46–54.


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