Lignum Holzwirtschaft Schweiz

‹Wir brauchen in Zukunft kollektive Intelligenz›

Warum ist Nachhaltigkeit für das Departement Architektur, Bau und Holz der Berner Fachhochschule so wichtig – und was steckt hinter seiner Neuorganisation? Direktor Peter Staub und Aude Chabrelie, Professorin für nachhaltiges Bauen, über das Verschwinden disziplinärer Grenzen.

Aude Chabrelie | Peter Staub
Bilder BFH-AHB

 

Welche Bedeutung hat das Thema Nachhaltigkeit für die BFH-AHB? 
Peter Staub: In unseren Leitsätzen heisst es: ‹Wir sind Pionierinnen und Pioniere des nachhaltigen Bauens und übernehmen Verantwortung für unseren Lebensraum. Wir fördern nachhaltig unternehmerisches Denken und Handeln und gehen mit allen Ressourcen achtsam um.› Es geht darum, die Nachhaltigkeit gesamtheitlich zu verstehen und dort anzusetzen, wo wir den Hebel dazu haben. Deswegen forschen wir auch in Themenbereichen, die nicht auf den ersten Blick mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht werden, wie beispielsweise umweltfreundliche Asphaltbeläge auf Strassen. Das ist wichtig, denn es braucht Strasseninfrastrukturen, und diese müssen unterhalten werden. Ebenso forschen wir an biobasierten Klebstoffen, damit zum Beispiel Brettschichtholz wiederverwendet und rezykliert werden kann.

Welches ist in der Lehre die wichtigste Botschaft an die Studierenden?
Aude Chabrelie: Ich unterrichte Ökobilanzierung und Ecodesign. Eine meiner Hauptbotschaften an meine Studierenden ist: kritisch hinterfragen. Ich wünsche uns, dass wir ihnen die Werkzeuge und Kenntnisse dafür geben können. Das ist besonders für ermittelte Ökobilanzwerte wichtig. Hier muss man immer überprüfen, was eine Studie abdeckt und was nicht. Die zweite Botschaft, die ich gerne weitergeben möchte: Die Studierenden sollen nach dem Studium den Mut haben, anders zu denken, Ideen einzubringen, Einfluss zu nehmen und die Art und Weise, wie man baut, in Frage zu stellen, um es besser und mit grösserem Respekt für die Umwelt zu machen.
Peter Staub: Selten baut jemand allein ein Haus, geschweige denn ein ganzes Quartier. Gefragt sind Teamwork und Interdisziplinarität, aber natürlich auch vertieftes Wissen in verschiedenen Bereichen. Die Karrieren unserer Studierenden verlaufen weniger linear als unsere, daher braucht es verstärkt Offenheit, Veränderungswillen und Agilität – nicht nur inhaltlich, sondern auch persönlich. Wir arbeiten gemeinsam an Projekten, die in der Realität eine Wirkung erzielen sollen. Das geschieht in Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft. Damit simulieren wir die zukünftige Arbeitswelt unserer Studierenden, die so mit ihrer Expertise und einem breiten Verständnis für Zusammenhänge und Prozesse Teil der kollektiven Intelligenz werden.

Die Grenzen der Hochschulberufe verschwimmen zunehmend. Geschieht das auch innerhalb der Institute?
Peter Staub: In den letzten zwei Jahren haben wir intensiv an unserer Vision, Strategie und Organisation gearbeitet. Vorher gab es drei Fachbereiche: A für Architektur, H für Holz und B für Bauingenieurwesen. Dazu kam als vierte Abteilung die Forschung, Weiterbildung und Dienstleistungen. Aus ‹A.H.B.› haben wir neu ‹A x B x H› gemacht, damit wir die Thematik der Nachhaltigkeit ganzheitlich angehen können. Daraus sind nun fünf Institute entstanden, die nicht mehr disziplinenorientiert sind, sondern neu interdisziplinär und themenorientiert arbeiten. So können durch interdisziplinäre Konstellationen neue Themenfelder erschlossen werden und die Erkenntnisse aus der Forschung direkt in die Aus- und Weiterbildung einfliessen.


Interview Berner Fachhochschule. Der vorliegende Text ist eine gekürzte Fassung des Originalinterviews.